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Der Musiker und Sänger Peter Licht

© Christian Knieps

Konzert: Auf zum letzten Verzicht

Dichter im Pop-Pelz: Peter Licht spielt im Festsaal Kreuzberg.

Peter Licht muss ein Außerirdischer sein: Ein freundlicher, etwas schüchterner Gast von einem anderen Stern, der unsere absurde Menschheit beobachtet, vieles gar nicht oder sehr gut versteht, und anschließend voller Staunen seine Stratosphärenlieder darüber singt. Als Mittel der Kommunikation hat er die deutsche Sprache erwählt: Fasziniert dreht er sie zwischen den Händen, wie ein Naturforscher, der einen merkwürdig schönen Käfer beäugt. Auf seiner letzten Single „Menschen“ hat er seine außerweltliche Herkunft im Grunde zugegeben: „Ich hab mich abgemüht mit Menschen, ich hab versucht sie zu verstehen...“, singt der Kölner mit Vocoder-Stimme im gut gefüllten Festsaal Kreuzberg.

Groteske Kommentare zum Zeitgeschehen

Es ist ein kleines Comeback: 2011 war das letzte Album von Peter Licht erschienen. Danach schrieb der Künstler, der mit bürgerlichem Namen Meinrath Jungbluth heißt, Bücher, Theaterstücke, Kolumnen und zog mit spröden Lesungen durchs Land. Vergangenes Jahr dann endlich das neue Album „Wenn wir alle anders sind“, das wie gewohnt voller klug-grotesker Kommentare zum Zeitgeschehen steckt: „Gedankenverzerrte aller Länder, alle Räder stehen still, wenn euer starker Wirrwarr es will“, heißt es etwa zur Melodie der „Internationalen“, von Licht zur „Emotionalen“ umgedichtet. Das bedeutungsschwangere Arbeiterlied ohne Respekt in eine Gegenwartsfassung zu bringen, die nicht abgeschmackt klingt, ist schon eine Leistung. Wie immer schafft es der Dichter im Pop-Pelz, Banales wie Weisheit klingen zu lassen, und umgekehrt.

Ein Lied zum Mitsingen

Vom knackigen Indiepop des neuen Albums bleibt live allerdings nicht viel übrig: Nur unterstützt durch einen Keyboarder steht Peter Licht auf der Bühne, der Sound ist leise, streckenweise ähnelt das Konzert eher einem Gedichtvortrag mit Musikbegleitung. Wenn Licht, der einst mit seinem Hit „Sonnendeck“ bekannt wurde, dann doch mal zu einem Drumcomputer über die Bühne tanzt oder Pop-Gesten vollführt, wirkt das eher verstörend: Eben als hätte ein Besucher aus dem All ein paar Musikvideos gesehen und versucht diese nun nachzuahmen.

So ungelenk der Auftritt auch wirkt, er hat Charme: Das Publikum jubelt nach fast jedem Song und geht bereitwillig mit, als Peter Licht mit Autotune-Stimme verkündet, er habe hunderte A4-Seiten kopiert, damit alle das nächste Lied mitsingen können. So singt denn der ganze Saal „Emotionale, auf zum letzten Verzicht!“ und weiß nicht recht, ob das nun ernst oder lustig oder etwas ganz anderes sein soll. Was auch immer es ist: Es ist gut, dass Peter Licht wieder da ist, um das Durcheinander der Realität in etwas Schönes zu verwandeln.

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