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Musiker:innen der Berliner Staatskapelle engagieren sich seit Jahren schon im „Orchester des Wandels“

© Sebastian Rosenberg

Konzert zum Klimavolksentscheid: „Privilegierte Menschen sind in ökologischen Krisen besonders gefragt“

Klimaaktivistin Luisa Neubauer und Wolfram Brandl vom Orchester des Wandels über die Großdemonstration mit Konzert zum Berliner Klimavolksentscheid.

Von Keno-David Schüler

Frau Neubauer, Sie kämpfen als Aktivistin gegen die Klimakatastrophe. Gemeinsam mit Maja Göpel und den Initiatoren von Klimaneustart Berlin werden Sie am 25. März vor dem Brandenburger Tor sprechen. Was ist zu erwarten?
Neubauer: Wir wollen die anstehende Wahl nochmal auf die größtmögliche Bühne heben, die wir hier in Berlin haben. Da wird es sehr kreativ sein und auch sehr laut, mit einer Mischung aus Speaker:innen und Aktivist:innen, dazu Musik und andere Formen von künstlerischen Beiträgen. Das Ganze ist nicht nur als Show gedacht, sondern vor allem eine Demonstration von Klimabewegtheit.

Wie sieht das aus?
Neubauer: Wir wollen untermauern, was die ganze Wahl sagt: es ist nicht der Klimaschutz, der entzweit, sondern die Klimakrise, die unsere Sicherheit und Freiheit bedroht. Dieser Tag soll zusammenbringen. Es geht darum sichtbar zu machen, dass alle Generationen da sind. Wir alle haben das verstanden. Also: wählen gehen!

Herr Brandl, Sie werden mit dem Orchester des Wandels das Programm eröffnen. Welche Rolle spielt Musik für diese Veranstaltung?
Brandl: Ich finde, das ist ein großartiger Ansatz und ermöglicht uns, ein Statement für diesen so notwendigen Volksentscheid abzugeben. Das Orchester des Wandels ist ein Zusammenschluss vieler Orchestermusiker. Wir realisieren Projekte, die den guten Umgang mit unserem Planeten unterstützen. Deswegen wollten wir auch jetzt unbedingt dabei sein.

Der Beitrag Ihres Orchesters wird neben Musik von Element of Crime bis Annett Louisan stehen. Wie geht das zusammen?
Neubauer: Ich finde es sinnbildlich, dass gerade auch die Musik, die gespielt wird so bunt ist. Klima ist keine Frage einer Partei, Generation oder Bewegung. Das Programm, die Musik, bringt uns zusammen.

Auch der aufgeführte „Karneval der Tiere“ sprengt Grenzen dahingehend, dass Saint-Saëns diverse Musik und musikalische Ideengeschichte zitiert und geschickt vermischt. Warum nun gerade dieses Stück?
Brandl: Ich hoffe nicht zu enttäuschen, wenn ich zugeben muss, dass wir keine politische Message im Sinn haben. Ich persönlich finde den Naturbezug des Stückes wunderbar. Die Message liegt darin zu sagen: Wir spielen hier und treten dafür ein, dass Berlin lebenswerter wird.

Wie kann die Künstlerszene Berlins das Engagement gegen den Klimawandel unterstützen?
Brandl: Ich kann als Vertreter der klassischen Musik nur für einen kleinen Kreis sprechen. Als Konzertmeister der Staatskapelle frage ich mich schon seit Jahren, wie wir uns einbringen und Berührungsängste abbauen können. Unser Stammpublikum ist zumeist aus dem eher betuchten Kreis. Gerade dort ist es interessant zu werben und zu fragen: wie können wir neu denken?

Welche Rolle spielt dann Musik und Kunst für den Klimaaktivismus?
Neubauer: Ich glaube nicht, dass es jemanden auf der Welt gibt, der sich noch nie von Musik führen, leiten oder beschützen lassen hat. Es wird unterschätzt wie lebensbringend Musik ist. Auch gab es noch nie einen Klimastreik in Deutschland ohne Musik. Uns war immer schon ganz klar, dass die Revolution einen Soundtrack braucht. Das, was wir vermitteln, tun wir in allen Sprachen, die uns zur Verfügung stehen.

Kann ein Künstler denn überhaupt unpolitisch sein?
Neubauer: Das liegt sicher nicht an mir zu beurteilen. Ich frage mich allerdings, ob es angesichts der Welt, in der wir leben möglich ist, unpolitisch zu sein. Auch Gleichgültigkeit ist politischer Ausdruck, indem Sie Ignoranz und Unterdrückung bestärkt. Nichtstun ist auch ein politisches Statement. Im letzten Jahr wurde das für viele ganz konkret: soll die Einladung nach Russland angenommen werden oder nicht? Die Welt ist ein Politikum an sich, auch als Musiker:in muss man sich positionieren.

Wie wichtig sind die prominenten Unterstützer für die Bewegung, beispielweise Igor Levit, der auch vor dem Brandenburger Tor spielen wird?
Neubauer: Igor ist für viele Vorbild und Inspiration. Er ist losgezogen, um zu zeigen was es heißt als Künstler mit Haltung durch die Welt zu laufen. Er ist jemand, der immer wieder Definitionsarbeit leistet, und Grenzen verschiebt. Ich stand mit ihm am bedrohten Wald und er hat Klavier gespielt. Gerade die klassische Musik ist auch mal in der Verantwortung sich mit ihrem Publikum zu beschäftigen. Wer sitz da und hört zu? Privilegierte Menschen sind in solchen ökologischen Krisen besonders gefragt, ihre Privilegien zu nutzen.

Nun gibt es auch viele andere Musiker, die sich einbringen. Sie sind einer davon, Herr Brandl. Was treibt Sie an?
Brandl: Das Thema beschäftigt mich seitdem ich denken kann. Ich war schon zu meiner Gymnasialzeit in den 80er Jahren involviert. Dann erinnere ich mich noch gut an das erste Projekt mit dem Orchester des Wandels. Da wurde mir klar: Wir müssen raustreten aus unserem Kokon, müssen anders auf Menschen zugehen, andere Locations und Kontexte schaffen.

Ich habe mir immer die Frage gestellt, warum sich nichts bewegt, wenn doch so viele Leute darüber sprechen. Es geht nicht um Einschränkung, sondern um die Vision einer Verbesserung. Wir wollen unser Zusammensein lebenswerter machen.

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