
© Ko-Cheng Lin
Konzerthausorchester Berlin: Es war einmal in Amerika
Unter der Leitung von Yutaka Sado spielt das Konzerthausorchester Werke von John Adams und Antonin Dvorak. Iveta Apkalna ist die Solistin in Aaron Coplands Orgelkonzert.
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Die „Neue Welt“ hat ihre Anziehungskraft nicht verloren. Bestens besucht ist das Konzerthaus am Freitag, weil Antonin Dvoraks 9. Sinfonie auf dem Programm steht: Dass sie 1893 entstanden ist, während des USA-Aufenthaltes des tschechischen Komponisten, hat ihr den Beinamen eingetragen.
Am Gendarmenmarkt wird sie jetzt vom Dirigenten Yutaka Sado mit zwei Raritäten der amerikanischen Moderne raffiniert kombiniert, nämlich mit Aron Coplands Orgelkonzert, komponiert vor genau 100 Jahren, und den „Chairman Dances“ von John Adams. 1985 saß der Minimal Music Meister gerade über der Partitur seiner Oper „Nixon in China“ – und koppelte für einen Kompositionsauftrag des Milwaukee Symphony Orchestra kurzerhand eine Szene aus. Darin bittet Maos Gattin Chiang Ch’ing den - nur auf einem Wandgemälde präsenten - großen Vorsitzenden zum Tanz.
Tanz mit Mao
Tricky ist der stark treibende Grundrhythmus, denn in der Dauerschleife es gibt unablässig kleine Verschiebungen. Unter Yutaka Sados sicherer Leitung meistern die Musikerinnen und Musiker des Konzerthausorchesters die Herausforderung souverän, haben aber noch mehr Spaß am Streicherschmelz der kitschigen Zwischenspiele, die Chiang Ch’ings Vergangenheit als Filmstar heraufbeschwören.
23 Jahre jung war Aron Copland, als er für seine Kompositionslehrerin Nadja Boulanger eine „Sinfonie für Orgel und Orchester“ entwarf. Seine Unerfahrenheit in Instrumentationsfragen ist dabei unüberhörbar: Zu sehr ähnelt der dunkel-dichte Orchesterklang über weite Strecken dem der Orgel, außerdem darf die Solistin Iveta Apkalna kaum Virtuosität zeigen. Umso begeisterter beklatscht das Publikum ihre Show-Zugabe, die sie allein mit den Füßen auf der ebenerdigen Pedal-Tastatur spielt.
Ganz auf Effekt getrimmt beginnt Yutaka Sado auch Dvoraks „Neue Welt“-Sinfonie: Vorwärtsdrängend das Tempo, prächtig blankpoliert der Sound. Doch es bleibt nicht beim Oberflächenglanz. Im Largo lässt er der Musik viel Raum zur Entfaltung, wunderbar schwebt das berühmte Englischhorn-Solo als inniger Abendsegen gen Himmel.
Der von Sado entfesselte Drive des dritten Satzes führt dann konsequent zur maximalen Energie-Entladung im Finale: Alle schwingen jetzt auf einem gemeinsamen Atem, fantastische Details funkeln, feurig wirbelt die Musik dem Jubel im Saal entgegen.
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