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Die US-amerikanische Band Ho99o9 im Bi Nuu in Berlin.

© imago images, Carsten Thesing

Berliner Konzert von Ho99o9: Mittelfinger in alle Richtungen

Kollektive Ekstase: Die Band Ho99o9 spielt im Bi Nuu und befeuert Punks und Rap-Fans gleichermaßen.

Im Mittelpunkt steht das Chaos. Und der Moshpit. Eaddy nutzt jeden Gegenstand als Sprungbrett und schleudert sich ins Publikum. TheOGM gibt exzentrische Tanzeinlagen, starrt entrückt ins Leere und beugt sich danach minutenlang über seinen Sampler. Er trägt Nietennetzschmuck über der Lederleggins. Dazu eine knallorangene Jacke mit reflektierenden Streifen. Eaddy streift nach und nach Jeansweste, Chiffonhemd und Netzstrumpfhose ab, bis er die letzten Minuten nur noch nackt über die Bühne schlingert. Gitarrendonnern, aufheulende Synthesizer, dazu wütender Rap. Es ist schwer, das Soundgewitter einzuordnen. Ist es Punk? Rap? Dubstep? Eine nihilistische Performance?

Die Band Ho99o9 (gesprochen Horror) will sich auf kein Musikgenre festlegen lassen. Ihre einzige Regel lautet: „You gotta make people uncomfortable.“ Die Bandmitglieder theOGM und Eaddy trafen in Newark, New Jersey aufeinander. Einer Stadt, die für ihre Gangkriminalität und Korruptionsskandale bekannt ist. TheOGM ist mit der Hip-Hop-Kultur aufgewachsen, Eaddy hat sich schon früh durch laute Punkclubs gepogt. Mit Freunden gründen sie das Künstlerkollektiv NJstreetKLAN, zu zweit entwickelten sie den düsteren Sound für Ho99o9 weiter.

Die Texte handeln von Rassismus und Macht

Auf ihrem Album „United States of Horror“ und der EP „Cyber Cop“ machen sie ihrer Wut über alltägliche Diskriminierungserfahrungen Luft. Die Texte handeln von Rassismus, Machtstrukturen und Gewalt. Abwechselnd rappen und singen sie über das verzerrte Donnern. Live werden sie von Brandon Pertzborn am vorpreschenden Schlagzeug unterstützt. Sie sagen, es fühle sich wie eine Katharsis an.

Im ausverkauften Bi Nuu tanzt sich das Publikum in Rage. Die Band erfreut sich sichtlich an dem Tumult. Immer mehr Stagediver entern die Bühne, Mittelfinger werden in alle Richtungen gestreckt. TheOGM verteilt zärtliche Kusshände. Beim Song „Fight Fire with Fire“, den Ho99o9 mit der Band The Prodigy produzierten, erreicht die kollektive Ekstase ihren Höhepunkt.

Für das Duo Ho99o9 beißt sich die Kombination beider Genres nicht: In Punk und Rap gehe es um die gleichen Inhalte, die gleiche Energie. Das scheint zuzutreffen. Punks, Hip-Hopper und Normalos schleudern sich begeistert gegeneinander.

Alexandra Ketterer

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