Die Charts sind ein schnelllebiges Geschäft, selbst jetzt, da es nicht viele verkaufte Tonträger für Top-100-Platzierungen braucht. Eine Musikrichtung aber scheint aus ihnen dauerhaft verschwunden zu sein oder höchstens noch spärliche Auftritte zu verzeichnen: die des US- Großrocks und seiner Subgenres wie New Metal, New Grunge, New Rock. Ihre letzte Blütezeit hatte diese Rockspielart vor vier Jahren mit Bands wie Nickelback, Korn, Limp Bizkit, Staind, Linkin Park, Creed und den notorischen Red Hot Chili Peppers. Diese Bands ließen entweder den Funk knacken und reicherten ihn mit Sprechgesang an oder sie verloren sich in Schmock, röhrendem Gesang und theatralen Leiden.
Inzwischen aber, mit dem Aufkommen erst der Strokes, dann der vielen The- Bands und schließlich den Maxïmo Parks und Kaiser Chiefs dieser Welt, hören die Kids und auch gestandene Rockisten nur noch den Rock’n’Roll der schnellen, toughen und tighten Sorte. Die Zeit des Leidens und der Trauerklöpsigkeit ist vorbei, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt. New Rock gibt es zwar noch, aber nur in einer Nische, so wie Metal oder Gothic. Und es gibt ihn auch noch in seiner typischen Ausformung, wie ehedem schon immer nahe an der Karikatur: als Kraftmeierpose von ganz unten, die sich an die von ganz unten wendet wie im Fall der Bösen-Männer-Band Korn. Oder als messianischen Rock, wie im Fall von Nickelback und deren blonden, langhaarigen, leidensmienigen Leadsänger Chad Kröger, der auf der aktuellen Nickelback-Single singt: „If everone cared, nobody cried, if everyone loves, nobody lies“. Und dann röhrt Kröger ganz ernsthaft, ganz unironisch: „I’m alive, I’m alive“. Das würde heutzutage wohl selbst Eddie Vedder von der Urgrungeband Pearl Jam nicht mehr über die Lippen kommen. Denn so tot kann man gar nicht sein, um das so laut verkünden zu müssen.
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