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Kultur: Kreuzberger Nächte

Wenn man sich im Kino ärgert, muss das nicht am Film liegen. Manchmal liegt es auch am Publikum.

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Wenn man sich im Kino ärgert, muss das nicht am Film liegen. Manchmal liegt es auch am Publikum. Dabei hat es mal einen Film gegeben, der erst durch das lebhafte Publikum sehenswert wurde. Hochgehaltene Feuerzeuge, schwungvoll entleerte Reisbecher, Zwischenrufe – darin bestand der Reiz der Rocky Horror Picture Show , die vor einem Vierteljahrhundert eine Hauptattraktion der Berliner Off-Kino-Szene war. Die Spielstätte hieß damals Tali, heute nennt sie sich Moviemento. Zum 100. Geburtstag des Hauses wird selbstverständlich auch dieses schrille Musical präsentiert (Samstag). Schlechtes Benehmen ist erwünscht.

In Anwesenheit von Tom Tykwer, der zeitweilig Programmchef des Moviemento gewesen ist, und Franz Schulz, dem Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, wird heute um 20 Uhr der Stummfilmklassiker Berlin – Die Sinfonie der Großstadt gezeigt. Kreuzberg kommt darin nur am Rande vor, der Bezirk war 1927 noch nicht interessant genug. Später wurde er zu einem Symbol für alternative Lebensformen im Schatten der Mauer. Aus dieser Zeit sei eine mutige Ausgrabung empfohlen: Kreuzberger Liebesnächte (Freitag, Montag, Dienstag) wurde von Artur Brauner produziert, der für die Hauptrollen Sascha Hehn und Ursula Buchfellner engagierte; letztere war das Playmate vom Oktober 1979. Trivialfilme wie dieser erfassen das Lebensgefühl des Bezirks vielleicht besser als die Kunstanstrengungen von Wim Wenders. Dessen Berlin-Filme werden ebenfalls im Moviemento gezeigt. Einen grandiosen Abgesang auf diese Welt lieferte Leander Haußmann mit Herr Lehmann (heute, Sonntag, Mittwoch).

Ein weiteres Kino mit einer langen Geschichte – es wurde 1929 eröffnet – ist das Babylon Mitte. Die Mitarbeiter des Online-Magazins „critic.de“ wollen hier eine Reihe etablieren, die „debut – das critic.de premierenkino“ heißt und einmal im Monat eine Deutschlandpremiere bietet. Den Anfang macht am Mittwoch das Beziehungsdrama The Soup, One Morning , in dem der japanische Regisseur Izumi Takahashi ein junges Paar in der Krise porträtiert. Schauplatz der Handlung ist das gemeinsame Apartment. Er leidet unter Panikattacken, sie versucht ihm zu helfen. Ähnlichkeiten mit dem Werk von Oskar Roehler sind rein zufällig.

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