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Kultur: Kürzungen, Haushaltssperre: Das Einstein Forum Potsdam ist gefährdet

Das Einstein Forum in Potsdam hat sich in den wenigen Jahren seines Bestehens hohe Anerkennung erworben. Es wird gelobt als "Laboratorium des Geistes" und "intellektuelle Luftbrücke".

Das Einstein Forum in Potsdam hat sich in den wenigen Jahren seines Bestehens hohe Anerkennung erworben. Es wird gelobt als "Laboratorium des Geistes" und "intellektuelle Luftbrücke". In der Tat leistet der kleine Stab von Mitarbeitern, den Gründungsdirektor Gary Smith 1993 ins Werk setzte, Beachtliches. In dem unprätentiösen, kleinem Haus am Neuen Markt ist ein inspirierendes Forum intellektuellen Austausches entstanden, das weit über Potsdam hinaus Resonanz hat. Ein kleines Team, ein bescheidener Etat und große Strahlkraft: im wahrsten Sinne ein intellektuelles Kleinod.

Dennoch: Das Einstein Forum befindet sich in einer "sehr prekären Lage". Etatkürzungen und die aktuelle Haushaltssperre für das Land Brandenburg gefährden nicht nur das Programm des laufenden Jahres, das interdisziplinäre Wissenschaftsforum selbst steht in der bisherigen Form auf dem Spiel. Das erklärte am Donnerstag bei der Eröffnung eines Abendvortrages die scheidende Direktorin Sigrid Weigel. Durch Presse-Spekulationen sah sie sich veranlasst, über den aktuellen Stand zu informieren und um Unterstützung zu werben.

Mehrere Probleme treffen demnach zusammen: Nach dem Weggang von Gary Smith zur American Academy steht eine dauerhafte Regelung der Nachfolge noch aus. Für die Interimszeit von einem Jahr hatte die Literaturwissenschaftlerin Sigrid Weigel die Leitung übernommen. Nun ist sie an das Berliner Zentrum für Literaturforschung gewechselt und führt die Geschäfte des Einstein Forum nur noch kommissarisch weiter. Mit der renommierten Philosophiehistorikerin Susan Neiman von der Universität Tel Aviv hat man, da ist sich das Kuratorium des Einstein Forums sicher, eine Nachfolgerin gefunden, die das Profil des Hauses unterstreicht. Das ist vor allem durch Interdisziplinarität und deutsch-jüdischen Wissenschaftsdialog geprägt. Diese Lösung ist allerdings durch die Haushaltsverhandlungen im Land Brandenburg, die sich noch den Februar über hinziehen werden, wieder in Frage gestellt ist. "Susan Neiman könnte uns verloren gehen", befürchtet Sigrid Weigel. Parallel dazu hat das Kabinett das Kultus-Ministerium beauftragt zu prüfen, ob das Einstein Forum nicht mit dem Moses Mendelssohn Zentrum zusammengelegt werden könne, das sich gleichfalls am Neuen Markt in Potsdam befindet. Eine Variante , die sich vielleicht haushaltstechnisch rechnen mag, keinesfalls aber wissenschaftspolitisch. Das Moses Mendelssohn Zentrum betreibt Forschungen zur jüdischen Geschichte, das Einstein Forum den internationalen und interdisziplinären Diskurs und Austausch. Dazu brauche es "Unabhängigkeit und Eigenständigkeit", betonte Sigrid Weigel. Am Rande der Veranstaltung sprachen langjährige Besucher des Hauses von einer "Fusion ohne Synergieeffekte" und "Zwangskollektivierung". Verschärft wird die Situation zudem durch die de facto dreißgprozentige Kürzung des Etats, der 1999 bei etwa 1,6 Mio. DM lag. Die Mittel reichten gerade für die Personalkosten, das Programm sei damit nicht zu finanzieren. Die Einladungen von Referenten aus dem In- und Ausland seien jetzt zu "ungedeckten Wechseln" geworden.

"Keine Fusion, Überprüfung der prekären Etatreduktionen und Bestellung der neuen Direktorin" - das war der Appell von Sigrid Weigel mit Blick auf die Haushaltdebatte in Brandenburg.

Gerwin Klinger

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