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Der Auftritt der Frankfurter Galerie Neue Alte Brücke auf der Kunstmesse Liste.

© Daniel Spehr / Courtesy LISTE – Art Fair Basel

Kunstmesse Liste in Basel: Lange Leine

Gute, gewitzte und oft schwer verkäufliche Kunst: Die Parallelmesse Liste ergänzt die kommerzielle Art Basel bestens.

Aufgeräumt wirkt sie, ordentlich und geputzt. Vom einstigen Schmuddel-Look ist auf der Liste in der ehemaligen Warteck-Brauerei wenig geblieben. Das Image von der frechen, unangepassten Kunstmesse, auf der noch nicht etablierte Galerien die Künstlergrößen von morgen präsentieren, will nicht mehr so recht zu ihrem Äußeren passen. Und doch braucht sich die älteste und renommierteste Messe neben der Art Basel im 22. Jahr ihres Bestehens keine Sorgen um die Konkurrenz zu machen. Denn wer zwischen Shanghai, Warschau und New York als junger Galerist etwas auf sich hält, wird nach wie vor versuchen, in diesen Basler Club der happy view zu landen.

79 Galerien aus 34 Ländern sind es in diesem Jahr. Wobei sich neben die sieben Platzhirsche aus Berlin, New York, vier Galerien und vier aus London überaus exotische Aussteller gesellen, zum Beispiel aus Lima die Galerie 80M2 Livia Benavides, aus Dubai Grey Noise und aus Prishtina LambdaLambdaLambda.

Manchen mag die Liste immer noch als Vorstufe auf dem Weg zur Art Basel gelten. Doch den meisten hier geht es darum, gute und oft schwer verkäufliche Kunst zu vermitteln; um den Austausch mit Kollegen, Künstlern und Kuratoren, denen die Liste ein Ort der Überraschungen und Entdeckungen geblieben ist. Wie etwa der Galerist Corrado Gugliotta, der in der südsizilianischen Provinzstadt Modica die Galerie Laveronica betreibt. Er ist zum zweiten Mal hier und zeigt drei Künstler der Jahrgänge 1963 bis 1977: die Italienerin Marinella Senatore, den Kroaten Igor Grubic und den Schweizer Uriel Orlow. Vor ein paar Jahren hätte das strenge Reglement der Liste – keine Galerie darf über fünf Jahre alt sein, die gezeigten Künstler nicht über vierzig – ihre Präsentation unmöglich gemacht. Doch die Qualität der Arbeiten, das politische Engagement und die Tatsache, dass hier zwei Videoarbeiten gezeigt werden – ein Medium, das sich zunehmend schlecht verkauft –, ließen eine Teilnahme opportun werden. Die Standmiete von über 7000 Franken ist für Gugliotta beim gegenwärtigen Eurokurs kein Pappenstiel, und so ist er zufrieden, dass Grubics „East Side Story“ von 2006, eine Zwei-Kanal-Videoarbeit zu einem Reenactment der ersten Gay-Pride-Parade in Ex-Jugoslawien bereits am ersten Tag für 3600 Euro verkauft war.

Schwerer Sprung in die großen Hallen am Messeturm

Zufriedene Gesichter auch in der Koje gegenüber. Dort zeigt die Galerie KOW aus Berlin die Italienerin Marinella Senatore mit der 6-Kanal-Videoinstallation „Modica Street Musical“ (35 000 Euro). Das Angebot, unter anderem Fotografien von Tobias Zielony und eine Audioarbeit von Ahmet Ögüt, scheint schon fast etwas zu ausgebufft und etabliert für diesen Ort. Das demonstriert aber auch, wie schwer der Sprung von der Liste in die großen Hallen am Messeturm gelingt. KOW war schon einmal in der Sektion der Statements. Doch auch wenn man inzwischen Franz Erhard Walther und Candice Breitz unter Vertrag hat, führt das nicht automatisch in die erste Liga. Walther und Breitz haben andere aufgebaut und vertreten sie noch. Das ambitionierte Programm macht es nicht allein.

An solider und gewitzter Kunst gibt es 2017 auf der Liste ohnehin viel zu sehen wie bei der in Berlin und New York ansässigen Galerie Mathew, die Insektenlampen des jungen Amerikaners Cooper Jacoby für 6000 bis 8000 Euro anbietet. Oder bei der Galerie Temnikova & Kasela aus Tallin, die den jungen Russen Oleg Frolov, geboren 1983, mit einem ironischen „Anti-war monument“ zeigt (Preis auf Anfrage). Es wäre im Heimatland des Künstlers nur schwer verkäuflich.

„Spice up your life“ heißt es auf einer poppigen Teppich-Installation des Chinesen Liu Shiyuan bei Leo Xu Projects aus Shanghai. Die Parole könnte ohne Weiteres auch als Motto über der diesjährigen Liste stehen.

Liste, Warteck-Brauerei, Basel; bis 18. 6., www.liste.ch

Max Glauner

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