zum Hauptinhalt
Weiter Horizont. Ausschnitt aus dem Gemälde „Echo Lake“. Der Streif abstrahierter Natur am unteren Bildrand weckt Erinnerungen an Gemälde von Caspar David Friedrich.

© Klaus Michalek

Maler Hubert Scheibl in Steglitz: Ein kosmischer Schwung

Der Wiener Maler Hubert Scheibl lässt sich in keine Schublade pressen. Im Gutshaus Steglitz ist die Vielseitigkeit seiner Kunst zu bestaunen.

Der Blick ins Universum ist ernüchternd. Keine Unendlichkeit, keine schwarzen oder psychedelisch leuchtenden Weiten. Dabei verspricht der Titel von Hubert Scheibls Ölbild entspannte, gut gelaunte Atmosphäre: „Vielen Dank für das sehr unterhaltsame Spiel“. Filmfans erkennen das Zitat von Hal 9000, dem Bord-Computer aus Stanley Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“.

Scheibls Bild verrät allerdings nicht, was da gespielt wurde oder worum. Vielleicht um den blauen Planeten, hier extrem herangezoomt: ein Farbschwall aus dichtem Braun und Terrakotta-Farben, durchzogen von blau-grau-grünlichen Partien, die an die Leinwand-Oberfläche schwappen – geradeso als sei unser Auge das Glas des Kameraobjektivs.

Von oben wuchern lackartig Ölspuren wie giftige weiße Ausläufer. In Anspielung auf Kubricks cineastischen Meilenstein erinnert das an verbrannte Erde. Vielleicht ist es aber auch einfach ein gebirgiges Fleckchen Erde, Natur in Nahaufname.

Hubert Scheibl malt abstrakt – weiteren Kategorisierungen entzieht sich das seit rund vier Jahrzehnten entstehende Werk. Die kleine, feine Ausstellung „Shrinking Vienna“ im Gutshaus Steglitz präsentiert acht großformatige Bilder, die zwischen 2007 und 2020 im Wiener Atelier entstanden sind.

Ob des Spektrums, das Scheibl im Ungegenständlichen entfaltet, könnte es auch eine Gruppenausstellung sein, zumal vier Skulpturen einen weiteren Scheibl zeigen.

Subtile Farbbewegung

Der 1952 im oberösterreichischen Salzkammergut geborene Künstler beherrscht das Expressive ebenso wie den informellen Gestus, legt komplexe Schichtungen offen oder verbannte in den 1990er-Jahren die Farbe im Stil der Black Paintings des Abstrakten Expressionismus“ oder der Übermalungen Arnulf Rainers, bei dem er an der Akademie der bildenden Künste in Wien studiert hat.

Fast monochrom wirken im ersten Moment auch Bilder aus jüngster Zeit. So die metallisch anmutende Serie „Ones“, wo ein einziger dynamischer Pinselschwung wie eine kosmische Figur, wie ein einsames Zeichen künstlerischer Individualität schwebt.

Doch auch die scheinbar glatte Oberfläche erweist sich bei genauer Betrachtung als höchst diffizile, subtile Farbbewegung.

Symphonie in Silber

Das Auge muss sich diese Bilder erwandern. Mit Zeit und mit offenen Sinnen. Die, mit breitem Rakel oder Spachtel angelegten, gestischen Blöcke und Strukturen der „Badlands“ oder die mit wildem Furor über die Leinwand rasenden Linien und quellenden Raumschichten in „Cave Painting“ ebenso wie das wandhohe „Nicotine on Silverscreen“.

[Gutshaus Steglitz, Schlossstr. 48, täglich 10–18 Uhr; bis 29. November; www.kultur-steglitz-zehlendorf.de. Am 29. 10. Hubert Scheibl im Gespräch mit dem Philosophen Wolfgang Welsch und Tayfun Belgin, Direktor Osthaus Museum Hagen.]

Einer Symphonie in Silber, eigentlich eine Unfarbe in der Malerei. Scheibl verdichtet sie in freigekratzten und -geschabten Partien mit Pastelltönen zu einem untergründigem Flirren und explosiver Dynamik.

Farbmutig auch „Echo Lake“. Aus einer weitgehend pinkfarbenen Fläche, auf deren unterem Bildrand sich ein Streif abstrahierter Natur erhebt – als wären Erinnerungen an Caspar David Friedrich in eine dekorative Umgebung versetzt –, echot irisierendes Blau.

Scheibls Abstraktionen führen und verführen in das weite Feld der Malerei. Mit der Farbe als Gegenstand und Material, die er mit vibrierender Energie und facettenreich durchdekliniert.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false