zum Hauptinhalt
Das Mandelring-Quartett kuratiert die Konzertreihe „Mandelring plus“ im Kammermusiksaal der Philharmonie.

© Foto: Uwe Arens

Mandelring-Quartett im Kammermusiksaal: Der Charme liegt im Überfluss

Das Mandelring-Quartett hat für seine Konzertreihe im Kammermusiksaal die Cellistin Camille Thomas eingeladen. Der Kontrast birgt eine reizvolle Spannung.

Stand:

Auf diesen Auftritt musste das Mandelring-Quartett lange warten, Corona sei’s geklagt. Doch nun kann es in seiner Reihe „Mandelring plus“ im Kammermusiksaal der Philharmonie endlich die belgische Cellistin Camille Thomas begrüßen, die das Ensemble vervollständigt. Ihr weicher, fülliger Ton bereichert das Quintett von Alexander Glasunow, der mit diesem unterhaltsamen Werk die Abendgesellschaften des reichen Petersburger Holzhändlers und Musikenthusiasten Mitrofan Beljajew entzückte.

Im Repertoire der Gattung Streichquartett lassen sich noch Entdeckungen machen

Zum schlankeren, fokussierteren Klang des Mandelring-Cellisten Bernhard Schmidt tritt Thomas’ Spiel in reizvolle Spannung – das Cello war Glasunows Lieblingsinstrument und ist hier reichlich mit gefühlvollen Soli bedacht. Eröffnen darf jedoch Andreas Willwohl mit melancholischer Bratsche – Glasunow huldigt damit dem Instrument seines Mäzens –, bis die Violinen von Sebastian und Nanette Schmidt die pastosen Klänge filigran auffächern. Französische Eleganz liegt über diesem Werk, das erst im Finale zu eher „slawisch“ geschärften Rhythmik findet, eine unbändige Lust im Erfinden immer neuer Girlanden, deren Charme im Überflüssigen liegt.

Doch auch im Kernrepertoire der ehrwürdigen Gattung Streichquartett lassen sich noch Entdeckungen machen. Joseph Haydns Opus 76,2 in d-Moll, auch „Quintenquartett“ genannt, besticht als Abenteuerreise durch entlegenste Harmonien und Stimmverflechtungen, die das einfache Themenmaterial zweier absteigender Quinten ermöglicht. Die Klarheit der Diktion erzeugt ebenso intellektuelles Vergnügen wie emotionale Beteiligung. Frappierend das Menuett im schroffen Kanon der oktaviert geführten hellen und dunklen Stimmen, beseelt das Finale vor allem durch die Intensität und Beweglichkeit des Primarius, der dem Thema augenzwinkernd ein „vergessenes“ Flageolett hinzufügt.

Schuberts großes C-Dur-Quintett hingegen, immer noch atemverschlagend, offenbart in der Lesart der Mandelrings neue Seiten: ihre Intensität, die schlanke, flüssige Tempi bevorzugt, führt zu ungewohnt kontrastreicher, manchmal den „Schönklang“ überschreitender Schärfe. Hitzig wird das Kopfsatzthema aufgefächert, dem der Terzgesang der beiden Celli umso tröstender antwortet. So wird das Scherzo niederschmetternd schroff, das Finale, nach den durchaus sinnlichen Paradiesklängen des Andante, zum Wettlauf gegen den Tod. Dem hat die Zugabe einer „Melody“ des ukrainischen Komponisten Myroslav Skoryk nichts Wesentliches hinzuzufügen, bei aller gut gemeinten Emphase.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })