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Kultur: Mann im Schatten

Was vorher geschah: „Following“, der Debütfilm von „Memento“-Regisseur Christopher Nolan

Bill ist ein einsamer Bursche. Er will Schriftsteller werden. Aber ihm fehlt eine Geschichte. Und ihm fehlt die Fantasie, sich eine Geschichte auszudenken. So beginnt er eines Tages, fremden Leuten auf der Straße nachzulaufen, sie zu beobachten und aus dem, was er über sie erfährt, Geschichten zu machen. Er schreibt sie nicht auf, denn was ihm auch fehlt, ist Talent. Aber sie sind wie ein Puzzle, das er in seinem Kopf zusammensetzt.

Christopher Nolans vor sieben Jahren gedrehtes Kinodebüt „Following“ ist ein brillant verschachtelter Film noir. Alles ist schon da, was den späteren Regisseur von so meisterhaft konstruierten Paranoia-Thrillern wie „Memento“ und „Insomnia“ auszeichnet. Mit einem Minibudget ist ihm ein narratives Experiment gelungen, das den spröden Charme eines Frühwerks besitzt: verwackelte Handkamera, blasse Schwarzweiß-Kontraste. Trotzdem wird nicht ein Satz zu viel gesprochen, keine Einstellung ist überflüssig, um aus den Einzelteilen in 74 Minuten ein Bild vom perfekten Verbrechen entstehen zu lassen.

Puzzles sind eine Intrige des Schicksals. Der Spieler sieht sich als Agent des Zufalls, vielleicht auch als der Zufall selbst. Aber Bill (Jeremy Theobald) muss erkennen, dass er beides nicht ist, ja er ist nicht einmal ein Spieler. Sein Verhängnis beginnt, als er einen Mann verfolgt, der es gewohnt ist, verfolgt zu werden. Cobb (Alex Haw) gibt sich als Einbrecher aus und findet in Bill einen neuen Vasallen, wobei es ihm nicht um den Diebstahl selbst geht. Vielmehr weiht Cobb seinen Schüler in die perverse Lust des Privatsphärenterrors ein. Statt Hehlerware mitzunehmen, sei es viel wirksamer, die geheimen Schatzkästchen der Opfer zu finden und ihnen zu zeigen, dass man sie gefunden hat. Doch Bill, der Romantiker und Habenichts, der, um Cobb zu imponieren, sogar in seine eigene Wohnung einbricht, verliebt sich in eines seiner Opfer. The Blonde heißt diese Frau nur (Lucy Russel), Gespielin eines Mafia-Bosses, Geliebte Cobbs und Bills Untergang.

Nolans Coup ist, dass er die Handlung in Vor- und Rückblenden zerschneidet, in einen Irrgarten aus Zeitsprüngen, der sich erst mit dem letzten Wort auflöst. „Das Folgende ist meine Erklärung“, sagt Bill, „nun ja, mehr eine Aufzählung dessen, was passiert ist.“ Selbst da irrt er.

Central und fsk (OmU)

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