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Statue des Reformators Martin Luther am Marktplatz in Wittenberg

© Hendrik Schmidt/dpa

500 Jahre Reformation: Martin Luther Superstar

Im Herbst beginnt das Reformationsjubiläum, bei dem besonders der Mensch Luther im Mittelpunkt stehen soll. Der wird allerdings sehr unterschiedlich betrachtet.

Am 31. Oktober 2017 wird es 500 Jahre her sein, dass Martin Luther seine Thesen an die Schlosskirche in Wittenberg geschlagen hat. In jedem Jahrhundert seitdem war das Reformationsjubiläum ein kirchliches und vor allem politisches Spektakel. Jedes Jahrhundert hat „seinen“ Luther für sich vereinnahmt.

1817 etwa wurde der Thesenanschlag als nationales Einigungsfest gefeiert und Luther als erster großer Deutscher. Im Weltkrieg 1917 wurde er für Durchhalteparolen instrumentalisiert. 2017 aber soll alles anders sein: Die evangelische Kirche will Luther so zeigen, wie er wirklich war, und daraus ableiten, was er den Menschen heute zu sagen hat – ganz ohne Funktionalisierung.

„Was die Reformation ausmacht, ist die Freiheit des Christenmenschen“, sagte der EKD-Ratsvorsitzende und Münchner Bischof Heinrich Bedford-Strohm am Montag in Berlin bei der Vorstellung des Jubiläumsprogramms. Den staatlichen Stellen, die den Jubiläumsreigen auf Länder- und Bundesebene mit Millionen Euro unterstützen, gefällt diese Deutung, passt sie doch ins Bild vom weltoffenen, freiheitlichen Deutschland, das man in der Welt präsentieren will. So wird Luther zum ersten modern denkenden Menschen stilisiert.

Das erste Jubiläum, das von katholischer und evangelischer Kirche gemeinsam gefeiert wird

Historikern geht das zu weit. Sie wollen Luther als einen Menschen verstanden wissen, der dem mittelalterlichen Denken verhaftet blieb und unter Freiheit etwas grundsätzlich anderes verstand als wir heute im Westen. Luther, so zeigen die Vorbereitungen zum Jubiläumsjahr, bietet eine große Projektionsfläche für vielfältige Ansprüche und Selbstdarstellungsbedürfnisse – gerade weil er in einer so fernen Zeit lebte.

Was sich von allen vorhergehenden Jubiläen unterscheidet, ist der internationale Charakter der Feierlichkeiten. Am 31. Oktober 2016 geht es los mit einem Festgottesdienst in der Berliner Marienkirche, an dem die Spitzen von Kirche und Staat teilnehmen. Zugleich feiert der Lutherische Weltbund den Auftakt mit einem Gottesdienst im schwedischen Lund, zu dem auch Papst Franziskus anreist. Ein europäischer „Stationenweg“ soll in 19 Ländern und 68 Städten die Spuren der Reformation und ihre Folgen deutlich machen.

Es wird auch das erste Luther-Jubiläum sein, das die Protestanten zusammen mit Katholiken feiern. „Die Reformatoren wollten keine neue Kirche gründen, sondern auf Jesus Christus hinweisen“, sagte Bedford-Strohm. Er ist sich sicher: „Ein solches gemeinsames Christusfest von Menschen, die aus dem Geschenk neuer Freiheit leben und Christus nachfolgen, das hätte sich auch Martin Luther für 2017 gewünscht.“ Im Herbst 2016 wollen die Bischöfe der beiden deutschen Amtskirchen gemeinsam durch Israel und Palästina pilgern. Und im März 2017 soll es in Hildesheim einen zentralen Buß- und Versöhnungsgottesdienst geben, zu dem die beiden Kirchen einen gemeinsamen Text unter dem Stichwort „Healing of Memories“ erarbeiten. „Wir wollen uns gegenseitig sagen, dass es uns leidtut, was wir einander angetan haben“, sagt Bedford-Strohm. So sollen etwa die bis zu sieben Millionen Toten betrauert werden, die dem Dreißigjährigen Krieg zum Opfer fielen.

Zum evangelischen Kirchentag werden 100 000 Gäste nach Wittenberg gebracht

Alle Landeskirchen und viele Kirchengemeinden werden eigene Veranstaltungen auf die Beine stellen, vielerorts in Kooperation mit Theatern, Museen und Konzerthäusern. Der Deutsche Kulturrat will die Vorbereitungen der Feierlichkeiten nicht alleine der evangelischen Kirche und dem Staat überlassen – und ein eigenes Programm erarbeiten, kündigte Geschäftsführer Olaf Zimmermann an. Gerade sei das erste Dossier „Martin Luther Superstar“ erschienen.

Ein weiteres zentrales kirchliches Großereignis ist der Evangelische Kirchentag im Mai in Berlin und Wittenberg. Zum Abschlussgottesdienst in Wittenberg sollen geschätzte 100 000 Gäste mit Zügen von Berlin nach Wittenberg transportiert werden. Wenn das klappt, hat vielleicht doch der Heilige Geist seine Finger im Spiel.

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