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Split in Kroatien, Handlungsort von "Sänger in der Nacht".

© dpa / picture alliance / Mauritz Antin

Olja Savicevics Roman „Sänger in der Nacht“.: Meeresgott in Küche

Liebesroman aus Kroatien: Olja Savicevics „Sänger in der Nacht“ ist das Porträt einer Generation, deren Kindheit vom Krieg geprägt war.

Blond gefärbte Haare, aufgespritzte Lippen, künstliche Fingernägel: Eine vehemente Kritikerin der patriarchalen Nachkriegsgesellschaft Kroatiens stellt man sich anders vor. Die Ich-Erzählerin Pomela schreibt seit ihrer Jugend Herzschmerz-Romane nach dem Vorbild der Lieblingslektüre ihrer Großmutter. Was als spielerisches Hobby auf dem vom Großvater hinterlassenen Boot begann, wurde zur Grundlage einer erfolgreichen Telenovela, die ein Kritiker ihr zu Ehren in „Pomenovela“ umbenannte. Das hat sie reich und berühmt, aber nicht glücklich gemacht. Denn Pomela sehnt sich nach ihrem verschwundenen Mann Fink Mitrovic, einem Street-Art-Künstler. Als „Sänger in der Nacht“ verunsicherte er seine Nachbarschaft in der Hafenstadt Split mit aufrüttelnden „Briefen an laute Liebende“. Darin appellierte er an den Schönheitssinn und die Lebensfreude der Anwohner. Diese drohten ihm mit einer Anzeige wegen öffentlicher Ruhestörung.

Olja Savicevics assoziativer Roman ist vor allem der Abgesang auf eine große Liebe, durchsetzt von Erinnerungen an den Jugoslawien-Krieg: „Ich habe Dich als jungen Soldaten und Obdachlosen in Erinnerung und als Deserteur, das war vor der Liebe, und dann als jungen Meeresgott mit einer Krone aus Aluminiumfolie beim Gedichtelesen an unserem Küchentisch.“

Batterie an Zitaten

Die 1974 in Split geborene, in zehn Sprachen übersetzte Lyrikerin, Prosaautorin und Dramatikerin Olja Savicevic zeichnet in „Sänger in der Nacht“ ein Porträt ihrer Generation, deren Kindheit vom Krieg geprägt war und die sich Illusionen über die Zeit danach gemacht hatte. Um diese Erfahrung zu illustrieren, fährt sie eine Batterie an Zitaten auf, die von Ingeborg Bachmann über Charles Bukowski bis zu Dubravka Ugrešic und vielen anderen stammen. Diese Mischung aus Thesen- und Liebesroman ist zwar anregend zu lesen, verleiht der Figur der intellektuellen Dramaqueen Pomela jedoch nicht unbedingt Glaubwürdigkeit.

Olja Savicevic: Sänger in der Nacht. Roman. Aus dem Kroatischen von Blažena Radas. Verlag Voland & Quist, Leipzig und Dresden 2018. 192 Seiten, 20 €.

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