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Schwerin: Mehr als 30.000 bei Breker-Schau

Zum Ende der umstrittenen Breker-Ausstellung in Schwerin am Sonntag werden rund 35.000 Besucher die Ausstellung gesehen haben. Kritik hagelt es aber bis zum Ende.

Schwerin - Die Männer-Statuen mit den XXL-Muskelpaketen verlassen Schwerin wieder. Am Sonntag endet die Ausstellung um Adolf Hitlers Lieblingskünstler Arno Breker (1900-1991). Rund 35.000 Besucher werden dann die erste Einzelschau über den Bildhauer in einer öffentlichen Einrichtung seit Ende des Zweiten Weltkrieges wohl gesehen haben. Die Kritik an der Ausstellung und ihren Machern verstummte bis zuletzt jedoch nicht.

Ebenso hoch wie das Besucherinteresse war die Medienresonanz. "Das war eine weltweite Berichterstattung", sagt Schwerins Kulturdezernent Hermann Junghans (CDU) und blättert in einem prall gefüllten Ordner. "Dass eine Schweriner Ausstellung fast sechs Wochen die Feuilletons beherrscht, hat es hier noch nicht gegeben", betont Ausstellungskurator Rudolf Conrades. Damit habe er nicht gerechnet. Das Thema Nazi-Kunst sei in das Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Das sei ein Verdienst dieser Ausstellung.

"Debakel für die politische Bildung"

Die Art und Weise, wie dieses Thema debattiert wurde, stößt jedoch auf Kritik. "So wie die Diskussion sich manifestiert hat, ist es ein Debakel für die politische Bildung", sagt Matthias Rautenberg von der Landeszentrale für politische Bildung. Er habe die Sachlichkeit in der Auseinandersetzung vermisst. Auch einer der vehementesten Kritiker der Schau zeigt sich bis zum Schluss von den Ausstellungsmachern enttäuscht. "So etwas Uneinsichtiges habe ich noch nicht erlebt", sagt der Grafiker und Präsident der Berliner Akademie der Künste, Klaus Staeck, der eine Überarbeitung der Ausstellung gefordert hatte.

Schließlich seien sich viele einig gewesen, dass die Ausstellung verbesserungswürdig sei. Die Schau sei "schlecht gemacht" gewesen. Bezüge zur so genannten entarteten Kunst hätten gefehlt. Staeck hatte in Berlin in den 80er Jahren erfolgreich gegen eine Breker-Ausstellung protestiert.

Bildungsminister: Hätte mir mehr Begleitprogramm gewünscht

Ganz zufrieden mit der Schau ist auch Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsminister Hans-Robert Metelmann (parteilos) nicht. Es sei ein schwieriges Thema gewesen. Er hätte sich mehr Begleitprogramm gewünscht. Von Amtskollegen sei er im Übrigen auf die Schau trotz Medienrummels überhaupt nicht angesprochen worden - auch nicht am Rande der Kultusministerkonferenz: "Kultur steht da immer ganz hinten."

Dass Breker nun wieder salonfähig ist, befürchtet der Heidelberger Kunsthistoriker Christoph Zuschlag, ein Experte für Ausstellungskonzepte. Er hatte die Werkschau für den Bundesverband der Bildenden Künstler (BBK), der sich eine Woche nach der Ausstellungseröffnung am 21. Juli für eine Schließung ausgesprochen hatte, unter die Lupe genommen. "Das Format der Retrospektive wird eigentlich nur für kunsthistorisch überragende Künstler angewandt", hält Zuschlag an seiner Kritik fest. Die Schweriner Schau komme einer Würdigung Brekers gleich.

Mehrere Protestaktionen während der Schau

Zuschlag bemängelt zudem den Begleitband, der bisher mehr als 6000 Mal verkauft wurde: "Ob Breker, wie in den Aufsätzen behauptet wird, tatsächlich Künstlerkollegen im Dritten Reich geholfen hat, ist einfach nicht belegbar." Schließlich halte Brekers Witwe Charlotte das Archiv mit Briefen ihres Mannes unter Verschluss.

Während der Ausstellung hatte es mehrere Protestaktionen gegeben. Gegner hatten im Sommer die Statuen mit Klopapier umwickelt, später folgte eine Farbbeutelattacke. Der 92 Jahre alte Künstler Karl Otto Götz, der von den Nationalsozialisten als entartet eingestuft worden war und Berufsverbot erhalten hatte, hatte eine Diskussionsveranstaltung in Schwerin aufgebracht verlassen und war von einem Befürworter dafür beim Gehen als intolerant bezeichnet worden.

Die Diskussion um die Breker-Ausstellung endet jedoch nicht am Montag, wenn die rund 70 Werke wieder zurück an die Witwe des Künstlers gehen. Am 31. Oktober debattieren Conrades und Zuschlag über Pro und Contra in Köln auf einer Veranstaltung des Internationalen Kunstkritikerverbandes. (tso/ddp)

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