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Lee Fields

© Promo

Lee Fields in Berlin: Mit Charisma, Gold und Glitzer

Markerschütterndes Timbre und Hundert Prozent Soul: Lee Fields singt bei seinem Auftritt in Berlin mit der Leidenschaft eines Heizers.

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Wenn heutzutage ein Musiker in einem goldenen Glitzeranzug auftritt, ist dies entweder Ergebnis arger Geschmacksentgleisung oder ironisches Spiel mit schmierigen Schlagerklischees – außer bei Lee Fields: Breit lächelnd tritt der 68-jährige Soulsänger zu den Funk-Rhythmen seiner Begleitband The Expressions auf die Bühne des fast ausverkauften Columbia Theater, tänzelt mit seinem schimmernden Gold-Jackett auf das Mikro zu und ruft in die jubelnde Menge: „Let’s get this party started!“

Das wirkt weder peinlich noch aufgesetzt noch albern – Fields besitzt die Würde eines echten Entertainers. Seit 50 Jahren ist er im Geschäft, seine erste Single brachte er 1969 heraus, seit Jahrzehnten ist er auf Tour und veröffentlicht regelmäßig neue, hochkarätige Funk- und Soul-Alben, die klingen, als seien sie Anfang der Siebzigerjahre in einem Vintage-Studio mit viel Holzverkleidung und Zigarettenqualm eingespielt worden. Damit gehört Fields zu den wichtigsten Stimmen des Soul-Revivals, das vor wenigen Jahren zwei seiner Aushängeschilder verlor: Sharon Jones verstarb 2016, ihr Daptone-Labelkollege Charles Bradley ein Jahr später. Wie Fields waren sie erst in reifem Alter zu Ruhm gelangt, starteten in einem Alter, wo andere längst in Rente gehen, noch eine große Karriere.

Der kleine JB

Dass Fields Jahrgang 1951 ist, merkt man ihm an diesem Abend kaum an: „I’m a love prisoner – set me free!“, singt er mit markerschütterndem Timbre, das ihm nicht zu Unrecht den Spitznamen „Little JB“ eingebracht hat, weil seine Stimme streckenweise frappierend an den Godfather of Soul erinnert. Fields braucht keine Zeit zum Warmwerden, er schmachtet, shoutet, leidet, von der ersten Minute an wirft er sich mit der Inbrunst eines Lokomotivheizers in die Show.

„Ich bin jemand, der wirklich an Liebe glaubt“, sagt er unnötigerweise, denn „Love“ ist zweifellos Schlüsselwort des Abends: Fast jeder Song dreht sich um gebrochene Herzen, Liebesschwüre, die ganz großen Gefühle. Fields lebt den Soul zu einhundert Prozent. Dank seines Charismas und seiner Energie, die er bis in den hintersten Winkel des Saals wirft, hat er das Publikum von Beginn an auf seiner Seite. Am Schluss läuft er bei „Make the world“ zu Höchstform auf, holt alles aus seiner Stimme heraus, legt sogar ein paar gewagte Drehungen aufs Parkett. Nur seine Animationsversuche zum Mitsingen und -hüpfen verfangen nicht ganz bei den Besuchern, die von Fields einnehmender Power scheinbar überfordert sind. So viel Soul ist man in Berlin einfach nicht gewohnt.

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