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Christoph Beissner, Jacqueline Raddau, Roman Clawien, Daniela Richter, Daniela Ishorst, Anna Heller, Robert Naumann, Barbara Wetzel und Christoph Serries (von links).

© Mike Wolff

Tagesspiegel-Leserjury auf Berlinale: Mit Neugier und frischem Blick

Die Tagesspiegel-Leserjury sucht aus 31 Weltpremieren des Forums ihren Favoriten aus.

Urlaub während der Berlinale? Das sei seit zehn Jahren die Bedingung für jeden neuen Job gewesen, sagt Jacqueline Raddau. Im vergangenen Jahr stand die 38-jährige Pflegeassistentin für insgesamt 33 Kinotickets an, extra früh, versteht sich. In diesem Jahr ist alles anders: Raddau ist Mitglied der Tagesspiegel-Leserjury. Diesmal muss sie nicht anstehen, trotzdem ging sie Montagfrüh zu den Arkaden am Potsdamer Platz, um ihren Bekannten in der Schlange vor den Ticketschaltern einen Besuch abzustatten. Schließlich sei das auch immer ein schönes Erlebnis gewesen, sagt sie.

Jedes der neun Jurymitglieder – vier Männer, fünf Frauen, der Jüngste 25 Jahre, die Älteste 68 – hat eine andere Geschichte parat, wenn es um frühere Berlinalen geht. Und alle erzählen mit leuchtenden Augen von den Filmen, die sie in letzter Zeit bewegt haben. Die Leidenschaft für das Kino, die sie alle verbindet, ist nicht zu übersehen. „Ich finde es sensationell, mit welcher Inbrunst die neun ihr Hobby verfolgen, obwohl es für sie eben nur eine Freizeitangelegenheit ist“, sagt Angela Hannawald, die die Tagesspiegel-Leserjurys seit 13 Jahren betreut. Acht Tage volles Programm heißt es jetzt für die neun: Bis Freitag, den 15. Februar schauen sie sich sämtliche Weltpremieren in der Reihe Internationales Forum an, insgesamt 31 Filme, um dann zu diskutieren und ihren Favoriten zu wählen. Im Rahmen der Preisverleihung der unabhängigen Jurys wird die Entscheidung dann am Samstag, den 16.2. bekannt gegeben. Am Publikumstag, dem 17.2., ist der Gewinnerfilm dann noch einmal zu sehen, um 19.30 Uhr im Cinemaxx 4 – Karten dafür kann man schon jetzt kaufen.

Einfach wird die Entscheidung nicht

Einfach wird die Entscheidung sicher nicht. Das Forum zeigt künstlerisch anspruchsvolle Produktionen, eigenwillige Filme, Dokumentar- und Spielfilme sowie alle Hybridformen dazwischen. Der persönliche Eindruck sei entscheidend, auch die Antwort auf die Frage, ob man den betreffenden Film innerhalb so kurzer Zeit noch einmal sehen möchte, riet Tagesspiegel-Kulturchefin Christiane Peitz beim ersten Treffen Anfang der Woche. Und der Mut, keinen lauwarmen Kompromiss zu suchen, sondern mögliche Kontroversen auch auszutragen.

Dass in der Leserjury keine Fachmänner und -frauen sitzen, ist beabsichtigt, es zählen die Neugier und der frische, unvoreingenommene Blick. Die neun kommen aus unterschiedlichen Berufsfeldern; lediglich Robert Naumann jobbt neben seinem Studium des Wirtschaftsrechts auch als Komparse. Für seinen Juryjob hat er sogar eine Anfrage abgelehnt, in einer neuen Folge von „Babylon Berlin“ Lars Eidinger zu doubeln.

Barbara Wetzel besucht das Festival seit über 20 Jahren. Die 68-Jährige harrte schon stundenlang auf einem Campingstuhl aus, um Tickets zu ergattern. Eigentlich konzentriert sie sich lieber auf wenige Filme, die sie dafür umso intensiver erlebt. Aber sie freut sich riesig, besonders auf die Gespräche mit den Jurykollegen und -kolleginnen. Den anderen geht es ähnlich: Der Austausch steht für die meisten im Vordergrund. Birgit Kohler, eine der drei Interimsleiterinnen des Forums nach dem Weggang des langjährigen Sektionsleiters Christoph Terhechte, kennt das von ihrer Arbeit nicht anders: Wer über Filme spricht, spricht über die Welt – und über sich selbst.

Helena Davenport

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