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Marc Minkowksi und sein Ensemble

© Benjamin Chelly

Mozarts Requiem in der Staatsoper: Und am Ende die Hoffnung

Nicht ganz so barock: Das französische Originalklang-Ensemble Les Musiciens du Louvre und Dirigent Marc Minkowski bei den Barocktagen in der Staatsoper.

„Stellen Sie sich vor“, beginnt Dirigent Marc Minkowski seine kurze Ansprache auf Englisch, „wir sind bei Franz Graf von Walsegg, ein Requiem wird aufgeführt für seine verstorbene Frau und, wie das damals so üblich war, auch andere Stücke.“ Von dieser Idee hat sich Minkowski zum Konzept dieses Konzerts in der Staatsoper inspirieren lassen: Mozarts letztes Werk soll erklingen, das genannter Graf einst durch einen anonymen Boten in Auftrag geben ließ und bei dessen Komposition Mozart gestorben ist, sowie zu Beginn und am Ende zwei weitere Werke mit ähnlichem Gestus.  

Das von Minkowski gegründete Ensemble Les Musiciens du Louvre beginnt mit Wilhelms Friedemann Bachs Adagio und Fuge D-Moll, dessen ernsthafter, von zwei Flöten getragener erster Teil die Klangwelt von Mozarts Requiem zu antizipieren scheint, während die aufregende Fuge ganz deutlich macht, dass der älteste Bach-Sohn der Tradition des Vaters hier eine ganz neue, auf die Klassik vorausweisende Expressivität zu schenken vermag. 

Festverwurzelt wie ein Baum

Dann also das Hauptstück des Abends, wobei man darüber streiten darf, ob eine 1791 entstandene Arbeit noch zu den „Barocktagen“ passt, die die Staatsoper gerade feiert. Minkowski steht festverwurzelt und geerdet wie ein Baum vor seinem Ensemble, alles passiert mit dem agilen Oberkörper, sehr präzise modelliert der gebürtige Pariser mit den Armen die Tempo- und Affektvorstellungen. Was das französische Originalklang-Ensemble hier abliefert, ist ein robuster, wenig mythischer, geradezu aufklärerischer Mozart.  

Der von Martin Wright präparierte Staatsopernchor und die vier Solisten (Regina Koncz, Ema Nikolovska, Magnus Dietrich und der kurzfristig eingesprungene Aaron Selig) singen ordentlich, mit kleinen Unsicherheiten. Ab dem Sanctus beginnen jene Teile, die Franz Xaver Süßmayr nach Mozarts Tod vollständig neu komponiert hat, der Unterschied in der inspiratorischen Kraft und Stimmverwobenheit ist tatsächlich frappant. Zum Glück greift Süßmayr im finalen Lux aeterna auf Motive aus Introitus und Kyrie zurück, was dem Ganzen eine gewissen Einheitlichkeit verleiht, die Schlussfuge gelingt strahlend. 

Zu den vielen Rätseln Mozarts gehört auch, wie er es im Todesjahr schafft, neben der Arbeit an der „Zauberflöte“ und „La clemenza di Tito“ sowie dem Requiem auch noch Motetten wie „Ave verum corpus“ zu komponieren. Sie erklingt jetzt als Schlussstück, „sotto voce“, bedächtig, andächtig, getragen soll sie im Angesucht des „Leib des Herrn“ den Menschen Hoffnung spenden. Manche Wackler im Chor und bei den Solisten, die sich durch das Konzert ziehen, sind da schnell vergessen, es wird ein stilistisch einheitlicher, von Marc Minkowskis starken Armen geformter Abend aus einem Guss. 

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