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Museen müssen Ausstellungen absegnen lassen: Trump schreibt Amerikas Geschichte um
Das Weiße Haus hat die Smithsonian-Museen aufgefordert, ihre Ausstellungspläne vorzulegen. Zum 250. Geburtstag der USA im nächsten Jahr will er eine konforme Selbstdarstellung.

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Auch dieser Schritt war angekündigt: Bereits Ende März hatte Trump seinen Vizepräsidenten JD Vance mit einem Dekret zur Kulturpolitik damit beauftragt, „Wahrheit und Vernunft in der amerikanischen Geschichte“ wieder herzustellen, genauer: keine Gelder mehr für Ausstellungen auszugeben, die „gemeinsame amerikanische Werte“ herabsetzten.
Schon die damalige Anweisung zielte auf die Smithsonian Institution in Washington und ihren Verbund aus 14 Bildungs- und Forschungseinrichtungen sowie 21 Museen, deren Eintritt frei ist. Dort werde die amerikanische Geschichte als „rassistisch, sexistisch, unterdrückerisch oder anderweitig unrettbar mit Makeln behaftet“ dargestellt, hieß es in dem damaligen Dekret.
Nun wird es ernst. Innerhalb von 30 Tagen sollen die nächsten Ausstellungspläne, Konzeptentwürfe, Kataloge und Programme vorgelegt werden, heißt es in einem Brief der Trump-Administration an das Smithsonian. Die zum 250. Geburtstag der USA im nächsten Jahr geplanten Projekte sind damit gefährdet, sollten sie nicht gefällig sein. Denn die 1846 gegründete Einrichtung wird zu 62 Prozent vom Kongress finanziert.
Die Skrupellosigkeit, mit der Trump agiert, stellt sein Vorgehen in eine Reihe mit autokratischen Systemen, wie man es etwa von Russland unter Putin kennt.
Nicola Kuhn
Nie zuvor gab es eine vergleichbare Einflussnahme eines US-Präsidenten auf kulturelle Einrichtungen des Landes. Die Systematik von Trumps Kulturkampf, seine Unverfrorenheit bei der Umschreibung amerikanischer Geschichte ist bezeichnend.
Gewiss, genau den gleichen Vorwurf machen die Republikaner umgekehrt der „woken“ Vorgängerregierung von Joe Biden. Aber die Skrupellosigkeit, mit der Trump agiert, stellt sein Vorgehen in eine Reihe mit autokratischen Systemen, wie man es etwa von Russland unter Putin kennt, der mit gigantischen Denkmalen für gefallene Sowjetsoldaten die Vergangenheit glorifiziert.
Kein Platz für Trump am Mount Rushmore
Es mag lächerlich wirken, dass der US-Präsident das Opernhaus im John F. Kennedy Center for the Performing Arts in New York nach seiner Frau in „First Lady Melania Trump Opera House“ umbenennen lassen will. Zuvor hatte er die demokratischen Aufsichtsratsmitglieder des Kulturzentrums im Frühjahr entlassen und sich selbst zum Vorsitzenden wählen lassen.
Und seine Vermessenheit offenbart sich bis zum Fremdschämen auch im erklärten Wunsch, am historischen Präsidentendenkmal am Mount Rushmore verewigt zu werden.
Glücklicherweise fehlt nach George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und Abraham Lincoln an dem Felsen der Platz für ein weiteres Politikerhaupt. Stattdessen soll in Sichtweite des Mount Rushmore ein „Nationaler Garten der amerikanischen Helden“ entstehen. Man ahnt, auf wen die Reihe der Berühmtheiten zuläuft.
Aber auch die überheblichen Selbstdarstellungen von Trump sind Teil eines gesellschaftlichen Umbaus, einer Entdemokratisierung. Seine Attacke gegen die Universitäten bezeugte am deutlichsten, dass kritischer Geist unerwünscht ist, mag es auch den Ruf der Vereinigten Staaten als Ort freier Wissenschaft beschädigen.
Nun hat sich das Weiße Haus die Museen vorgenommen, in denen anderes Denken in einer breiten Öffentlichkeit ausgeübt wird. Der Angriff auf die Unabhängigkeit der Museen und anderen Kultureinrichtungen ist ein weiteres Menetekel.
Die ausgegebene Losung „Make America Great Again“ gilt auch retrospektiv, indem die Geschichte der Vereinigten Staaten nur noch als glorios dargestellt wird. Im Handbuch der Ideologen steht ganz oben die Säuberung von Bildung und Kultur.
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