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Herzstück der Staatlichen Museen. Die Museumsinsel mit dem David Chipperfields zentralem Eingangsgebäude, der James-Simon-Galerie.

© dpa/Soeren Stache

Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Museumsdirektoren kritisieren Reformprozess

Die Chefinnen und Chefs der Staatlichen Museen zu Berlin protestieren gegen die bisherigen Hierarchien. Sie wollen keine Reform von oben, sondern aktiv einbezogen werden.

So einmütig, wie zunächst nach außen demonstriert wurde, dürfte der Reformprozess bei der Stiftung Preußischer Kulturprozess nun wohl doch nicht verlaufen. Nach heftiger Kritik an den Staatlichen Museen zu Berlin in einem im Juli veröffentlichten Gutachten des Wissenschaftsrats pochen die betroffenen Museumsdirektorinnen und -direktoren auf eine "aktive" Einbeziehung in den Reformprozess, "mit Sitz und Stimme".

Dies schreiben sie in einer auf der Webseite der Museen veröffentlichten Stellungnahme.

Den Appell des Gutachtens zu mehr Eigenverantwortung für die einzelnen Häuser sehen sie positiv. Sie bestätigen auch die Beobachtung der Gutachter, dass "eine Tendenz zur Zentralisierung und Konzentration von Aufgaben ineffiziente Strukturen erzeugt" habe, die überkomplexe Prozesse und Kommunikationsprobleme mit sich bringen. Diese Beschreibung entspreche ihren alltäglichen Erfahrungen.

"Die langwierigen und intransparenten Prozesse in einer tiefgestaffelten Hierarchie verhindern ein schnelles Eingehen auf aktuelle Fragestellungen und Wünsche des Publikums oder die Initialisierung neuer Forschungsvorhaben", heißt es weiter. "Ein Weniger an Strukturen führt hier eindeutig zu einem Mehr an Handlungsfähigkeit. Das wäre dann auch mit einem Mehr an Verantwortlichkeit verbunden".

Die Empfehlung, Hierarchien zu verflachen, unterstützen die Museumschefinnen und -chefs "energisch"

Die Staatlichen Museen Berlin umfassen 15 Sammlungen mit 4,7 Millionen Objekten an 19 Standorten. Der Wissenschaftsrat hatte nach zwei Jahren Analyse der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, zu der die Museen gehören, unter anderem bescheinigt, die Dachkonstruktion schränke die Entwicklung der Einrichtungen ein. Die Zielrichtung des Gutachtens, Hierarchien abzuflachen, unterstützen die Direktorinnen und Direktoren deshalb "energisch".

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Mit den Sammlungen von Weltrang, die für internationales Publikum von höchstem Interesse seien, werde das Potenzial derzeit nicht hinreichend ausgeschöpft, hieß es seitens des Wissenschaftsrats. Als Ursache sieht das Gutachten neben den strukturellen Rahmenbedingungen auch eine nicht ausreichende finanzielle Ausstattung. Auch dem stimmen die Museumschefs zu, auch sie fordern höhere Budgets: "Die finanzielle Decke ist so dünn, dass keine langfristige Planung möglich ist." Ebenso werden in dem Schreiben allem mehr Planungs-, Handlungs- und Steuerungsspielräume eingeklagt. Eine inhaltliche Autonomie sei weitgehend vorhanden, aber es fehle an frei verfügbaren Mittel und den damit verbundenen Entscheidungskompetenzen.

Die Direktoren wollen keine Veränderungen "über unsere Köpfe hinweg"

An der Vorstellung des Gutachtens am 13. Juli in Berlin hatte neben Kulturstaatsministerin Monika Grütters auch Stiftungspräsident Hermann Parzinger teilgenommen. Beide kündigten an, dass die empfohlenen Reformen (von denen vielleicht "nicht alle eins zu eins umgesetzt" werden könnten, so Grütters) in einer vierköpfigen Arbeitsgruppe vorbereitet werden sollten. Dieser Taskforce sollen Grütters, Parzinger, SPK-Vizepräsident Gero Dinter und eine noch zu ernennende Person angehören.

Die zentrale Empfehlung der Gutachter ist neben einer Erhöhung der Finanzmittel die Auflösung der bisherigen Dachorganisation und die Verselbstständigung der ihr unterstellten Institutionen, der Staatlichen Museen, der Staatsbibliothek, des Geheimen Staatsarchivs und des Ibero-Amerikanischen Instituts. Die Steuerung der Reform durch den bisherigen Stiftungspräsidenten liefe also darauf hinaus, dass Parzinger die Selbstabschaffung seines Postens betreibt.

Gegen diese Lenkung der Reform ausschließlich "von oben" regt sich ebenfalls Widerstand seitens der Museen. Zuvor hatte bereits der Leiter des Instituts für Musikforschung samt Musikinstrumentenmuseum gegen dessen geplante Eingliederung bei den Museen protestiert. „Wir wollen engagiert und ohne Tabus an der Entwicklung einer neuen Organisationsform mitwirken“, heißt es auf der Museums-Webseite. „Wir brauchen keine Gruppe, die ohne uns und über unsere Köpfe hinweg darüber berät, wie die Lage der Staatlichen Museen zu Berlin zu verbessern ist.“ Ihnen sei bewusst, dass sowohl die Dachstrukturen als auch die Zusammenarbeit der Museen untereinander „grundlegend neu gedacht“ werden müssten.

Es fragt sich, warum die Museumschef auf ein Gutachten gewartet haben, um ihrerseits Missstände zu artikulieren. Warum nicht früher, in eigener Sache und vor allem im Dienst der Sammlungen von Weltrang? Eine gemeinsame Erklärung aller Direktoren gab es bisher auch nicht bei anderen Topthemen wie der Provenienzforschung, der Raubkunst oder der desolaten Lage mancher Depots.

Wie geht es jetzt weiter? Der Stiftungsrat, der auch die Arbeitsgruppe einsetzen müsste, tagt am 19. August. chp (mit dpa)

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