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Sugar (Johanna Spantzel, li.) freundet sich mit Daphne (Lukas Benjamin Engel).

© Derdehmel/Urbschat

Musical „Sugar“ in Berlin: Melodien für Millionäre

Das Musical „Sugar“ am Schlosspark Theater basiert auf dem Komödienklassiker „Manche mögen’s heiß“ und bietet mitreißende Unterhaltung

Josephine und Daphne spielen Saxofon und Kontrabass in der Bigband von Sweet Sue. Streng erklärt sie die Regeln: „Kein Alkohol, keine Männer!“ Daphne ergänzt: „Haarige Biester, die von einem Mädchen doch nur das eine wollen“, zupft dabei aber mit auffallend kräftigen Armen ihren Kontrabass.

Denn Daphne ist in Wirklichkeit ein Mann, genauso wie Josephine, die eigentlich Joe heißt. In weiten Kleidern, mit Perücken auf dem Kopf, sind die beiden auf der Flucht vor „Gamasche“, zufällig waren sie Zeugen seines Verbrechens in Chicago: kaltblütig räumte dort er einen Rivalen aus dem Weg. Das Geknatter der Maschinenpistolen mischt sich dabei mit dem Geräusch der Steppschuhe, in denen die Ganoven diesen Totentanz aufführen. (Choreografie: Mario Mariano)

[bis 16.10., Di-Sa, 20 Uhr, So 16 Uhr]

Elf Schauspielerinnen und Schauspieler in 60 Kostümen – so fasst Regisseur Klaus Seiffert die rasanten Rollenwechsel zusammen, mit denen das vergleichsweise kleine „Sugar“-Ensemble singend und tanzend – leider ohne Liveband – eine „riesige Broadway-Show“ am Schlosspark Theater in gelungenes und von Beginn an mitreißendes Musiktheater verwandelt.

Wie in Billy Wilders Filmkomödienklassiker „Manche mögen’s heiß“ richten sich am Bahnhof alle Augen auf Sugar (Johanna Spantzel), die natürlich als letzte dort eintrifft, ihr Taxi nicht bezahlen kann und auch sonst einige Probleme hat. Schnell freundet sie sich auf der Zugfahrt von Chicago nach Miami mit Daphne und Josephine an und schüttet den beiden Schürzenjägern ahnungslos ihr Herz aus.

Ausgebildet an der Berliner Universität der Künste singt, spielt und tanzt Johanna Spantzel ihre Titelrolle perfekt, wahrt aber eine spürbare Distanz zur Sugar, wie sie Marilyn Monroe im Film von 1959 spielte. Lucas Benjamin Engels urkomisches Spiel als Daphne dagegen lässt sofort an Jack Lemmon denken, Arne Stephan gaukelt gutaussehend wie Tony Curtis mit betörender Sprechstimme Shell junior vor.

Kann man im 21. Jahrhundert noch mit voller Hingabe eine vom Glück an der Seite eines reichen Mannes träumende Frau spielen – und jeden emanzipatorischen Fortschritt vergessen? Für Regisseur Klaus Seiffert müssen die antiquierten Rollenklischees im Stück akzeptiert werden: „Das basiert ja alles auf der Annahme, dass Sugar zum Glücklichsein den richtigen Mann finden muss“. Über eine der berühmtesten Komödien der Welt könne man heute noch genauso lachen wie einst, „sofern man versteht, dass das alles in eine bestimmte Zeit gehört.“

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Der Regisseur hat die Songs von Jule Styne und Bob Merrill neu übersetzt, darunter den charmanten Ohrwurm „Alles nur für Sugar“ und die berührend vorgetragene Ballade „Sugar Shell“. Sie handelt von Sugars Traum, den Öl-Milliardär zu heiraten und dessen Namen zu tragen. Alle naiven Träume platzen, dennoch gibt es wie schon im Film ein stimmiges Happy End.

Die „haarigen Biester“ haben etwas dazugelernt und Publikumsliebling Ralph Morgenstern kann als Millionär Osgood unter großem Applaus die Moral der Geschichte in einem Satz zusammenfassen: „Nobody is perfect“.

Hans Ackermann

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