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Martin Parr im Jahr 2018 im C/O Berlin.

© IMAGO/IPON/Bearbeitung: Tagesspiegel

Nachruf in Bildern: Wie der Fotograf Martin Parr die Skurrilität des Alltags einfing

Der englische Fotograf wurde weltberühmt mit Bildern seiner Landsleute beim Sonnenbaden, am Büfett oder im Pub. Jetzt ist Martin Parr im Alter von 73 Jahren gestorben.

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Die Bilder, die den englischen Fotografen Martin Parr berühmt gemacht haben, sind Aufnahmen seiner Landsleute beim Kurzurlaub im abgerockten südenglischen Seebad New Brighton. Die Serie „The Last Resort“ zeigt Menschen, etwas zu heftig von der Sonne geküsst, mit krebsroter Haut, den Bulldozer als Schattenspender, sich entspannend zwischen Fast-Food-Müll.

„So sehen wir aus beim Freizeitvergnügen“, schreien diese Bilder in knallbunter Künstlichkeit, als hätte man sie noch einmal extra in kandierten Zucker getaucht. Diesen Effekt erreichte der schonungslose Dokumentarist durch Blitzlicht am Tage.

Man bekommt fast selbst Sonnenbrand beim Betrachten, so übersteuert sind manche dieser Fotografien. Das führte auch dazu, dass Parrs Aufnahme in die renommierte Foto-Agentur „Magnum“ in den Neunzigerjahren nur gegen Widerstand möglich war. Ihn ziehe es für seine Arbeit eher in den Supermarkt als in den Krieg, soll er gesagt haben. Von 2013 bis 2017 war der Brite aber dann sogar Präsident von „Magnum“.

Parr, 1952 in Epsom, Surrey geboren, hatte einen ungeheuer guten Blick für die schmerzhaften Skurrilitäten des Alltags, für das Banale und Vulgäre und manchmal auch das Komische. Er hat Menschen bei schlechtem Wetter mit einer Unterwasserkamera fotografiert, wie sie sich mit nassen Regenmänteln dem Wind entgegenstemmen. Mit diesen Beobachtungen meinte er explizit auch sich selbst. Im Grunde seien alle seine Bilder auch Selbstporträts, sagte er über die Aufnahmen.

Satirische Porträts der britischen Gesellschaft

Er sei der „Fotograf mit dem englischen Auge“ schrieb das Berliner Ausstellungshaus C/O Berlin. Parr selbst sagte, er habe die nationale Eigenheit der Briten zum Schalk und zur Ironie auf seine Arbeit übertragen.

In der von ihm gegründeten Stiftung in Bristol wird Fotografie zu Großbritannien und Irland ausgestellt, sowie sein eigenes Werk gesammelt und archiviert. Zuletzt arbeitete Parr daran, sein Archiv mit Bildern über Großbritannien aufzufüllen, zu dem er ständig neue Bilder beitrug. 2021 wurde bei Parr Krebs diagnostiziert. Am Sonntag ist er im Alter von 73 Jahren gestorben.

Die Ausstellung „Short & Sweet“ im Mudec in Mailand im Sommer 2024 zeigte Bilder aus einigen der wichtigsten Serien von Martin Parr. Zu den Lieblingssujets des Fotografen gehörten Strandleben und Freizeit.

© IMAGO/Avalon.red/IMAGO/Nicola Marfisi/AGF / Avalon

Martin Parrs Food-Fotografie nahm Konsumgier, Tristesse und Maßlosigkeit in den Blick. Hier einige seiner Food-Aufnahmen, ausgestellt in den Straßen von Toronto.

© IMAGO/dreamstime/Copyright: xDreamstimexArim44x v

Niemand ist in diesen Bildern bewusst skurril. Es ist einfach, wie es ist.

© IMAGO/Avalon.red/IMAGO/Nicola Marfisi/AGF / Avalon

Appetit auf Würstchen? Blick in eine Ausstellung von Martin Parr im estnischen Tartu.

© imago images/Scanpix/SILLE ANNUK via www.imago-images.de

Martin Parr hatte ein feines Gespür für soziale Milieus. Er beobachtete Billigtourismus genauso wie die High Society mit ihren übertriebenen Konsum-Insignien.

© IMAGO/Avalon.red/IMAGO/Nicola Marfisi/AGF / Avalon

Parr hat mehr als 40 Fotobücher publiziert. Satirische Porträts finden sich zuhauf in „Common Sense“ von 1999. Hier eine Dame beim Sonnenbaden in Benidorm.

© IMAGO/MAXPPP/IMAGO/olivier corsan

Seine Bilder wurden auch in Deutschland regelmäßig ausgestellt. Martin Parr bei einer großen Retrospektive im NRW-Forum Düsseldorf im Jahr 2019. 

© IMAGO/ABACAPRESS/IMAGO/IPA/ABACA

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