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Kultur: Neue Ministerinnen in neuen Ministerien: Mit Talent für die richtigen Schlagworte: Ulla Schmidt - und was sie für das neue Amt qualifiziert

Die "Tagesthemen" mit den Meldungen über die Rücktritte der Minister Funke und Fischer waren noch nicht lange vorbei, da klingelte in der Berliner Wohnung von Ulla Schmidt das Telefon. Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion legte sich da gerade die letzten Unterlagen für die Sitzung der SPD-Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales zur Rentenreform zurecht.

Die "Tagesthemen" mit den Meldungen über die Rücktritte der Minister Funke und Fischer waren noch nicht lange vorbei, da klingelte in der Berliner Wohnung von Ulla Schmidt das Telefon. Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion legte sich da gerade die letzten Unterlagen für die Sitzung der SPD-Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales zur Rentenreform zurecht. Am anderen Ende der Leitung war Bundeskanzler Gerhard Schröder. Der beriet in einer Runde mit den Spitzen der rot-grünen Koalition gerade über sein neues Kabinett. Ob sie neue Gesundheitsministerin werden wolle, fragte Schröder. Kurzes Überlegen. "Ja", antwortete Ulla Schmidt dann entschlossen.

Als ministrabel gilt die 51-jährige Aachenerin seit langem. Als Sozialminister Walter Riester (SPD) wegen des Hin und Her um die Rentenreform im vergangenen Spätherbst zunehmend in die Kritik geriet und vereinzelt Rücktrittsgerüchte die Runde machten, wurde sie sogar als Nachfolge-Kandidatin gehandelt. Tatsächlich war Ulla Schmidt es, die mit Riester weite Teile der Reform erarbeitet hat. Vor allem in den letzten Wochen hat sie aber im Gespräch mit dem Minister offensiv auch die Vorstellungen der SPD-Fraktion durchgesetzt - ohne jemals illoyal gegenüber Riester zu werden. "Die treten schon auf wie ein altes Ehepaar", spotteten andere Sozialpolitiker der SPD schon, wenn die beiden in den Arbeitsgruppenssitzungen Vorstellungen zur Rentenreform vortrugen.

Kommunikatives Juwel

Vielleicht ist es mit Ulla Schmidts ausgeprägtem rheinischen Naturell zu erklären, dass die studierte Lehrerin für Lernbehinderte beim Kanzler und in ihrer Fraktion als kommunikatives Juwel gilt. "Die redet über die Rente, wenn sie mit dir ins Auto steigt und hört erst wieder auf, wenn sie wieder draußen ist", hat mal ein Abgeordneter über sie gesagt. Über ähnliche Erfahrungen können wohl viele berichten. Und doch schafft sie es, selbst den trockensten, bürokratischsten Kauderwelsch zur Rentenreform ihrem Gegenüber so zu erzählen, als könne sie sich kein spannenderes und schöneres Thema vorstellen. Anders als Riester weiß sie auch um die Bedeutung symbolischer Politik: Nicht nur die Details muss man kennen, auch die Schlagworte benutzen, die in Kürze das Wesentliche Beschreiben. Dieses Talent der Sozialpolitikerin schätzt auch der Kanzler an ihr. Er beschreibt Ulla Schmidt als eine Frau, "die gleichermaßen kompetent und durchsetzungsfähig wie auch kommunikationsfähig ist".

Im Bundestag sitzt sie seit 1990. Als stellvertretende Vorsitzende ihrer Fraktion ist sie für Arbeit, Soziales, Frauen, Familie und Senioren zuständig. Mit der Gesundheitspolitik hat sie sich bislang allerdings noch nicht so intensiv befasst. Sie steht aber in dem Ruf, sich schnell in neue Themen einzuarbeiten. Ein weiteres Manko ist, dass sie keine Erfahrung mit der Leitung einer großen Behörde hat. Es wird daher erwartet, dass sie sich einen Staatssekretär sucht, der sie dabei wirkungsvoll entlasten kann. In ihre Heimat Aachen und zu ihrer Tochter, zu der sie eine innige Beziehung hat, wird sie künftig wohl noch seltener kommen als jetzt schon. Am Mittwoch flog Ulla Schmidt nach der Arbeitsgruppensitzung erst einmal nach Bonn. Dort tagte der Geschäftsführende Fraktionsvorstand, und für sie ging es zum ersten Mal um beide Themen: noch einmal um die Rente und schon um die Gesundheit.

Carsten Germis

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