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Taylor Swift

© Mert Alas & Marcus Piggot

Neues Album „The Life of a Showgirl“: Taylor Swift hat noch etwas zu beweisen

Die Avengers des Pop sind wiedervereint: Taylor Swift singt auf ihrem neuen Album über Rivalinnen, die verrohte Internetkultur – und das Gemächt ihres Verlobten.

Stand:

Taylor Swift ist am besten, wenn sie etwas zu beweisen hat. Es jemandem beweisen will.

Ihr drittes Album „Speak Now“ schrieb sie, mit 19 Jahren, komplett allein, nachdem Kritiker ihre Songwriting-Fähigkeiten angezweifelt hatten. Es kann mit All-Timern wie „Dear John“ aufwarten. Oder „Reputation“, das sie 2017 aufnahm, nachdem sie öffentlich in Ungnade gefallen war, und das heute als eines ihrer stärksten Alben gilt.   

Insofern war es für Swift vielleicht ein Segen, dass die Kritiken auf ihr Doppelalbum „The Tortured Poets Department“ im vergangenen Jahr eher verhalten ausgefallen sind. Mit 31 Tracks viel zu lang, keine Hits, die Lyrics zu konfus, musikalisch nur Aufgewärmtes, es brauche endlich andere Produzenten als Jack Antonoff und Aaron Dessner, so hieß es.

Taylor Swifts zwölftes Album „The Life of a Showgirl“ wirkt wie eine direkte Reaktion auf die Kritiken. Antonoff und Dessner sind weg vom Fenster, stattdessen hat sich Swift wieder mit den schwedischen Hitmaschinen Shellback und Max Martin zusammengetan. 2012 hatte sie ihren ersten Nummer-eins-Hit mit dem von Martin und Shellback produzierten „We Are Never Ever Getting Back Together“, es sollten zahlreiche weitere folgen.

Die Avengers des Pop sind wiedervereint: Hier Songwriting-Genie Taylor Swift, dort Max Martin, der seit den späten 1990ern den Pop dominierte, für mehr Nummer-eins-Hits als jeder andere Produzent verantwortlich ist, von „Baby One More Time“ bis „Blinding Lights“.

Taylor Swift ist zwar der größte Popstar der Welt, aber sie hat wieder etwas zu beweisen: dass sie es noch kann, die präzisen Pop-Banger schreiben, die wochenlang die Charts dominieren.

Taylor Swift als Showgirl.

© Mert Alas & Marcus Piggot

Musikalisch ist das Album keine direkte Fortsetzung von den vorherigen Martin-Shellback-Swift-Kollaborationen, es sind deutlich mehr akustische Gitarren zu hören als etwa auf dem elektronisch geprägten „Reputation“. Und ja, die Pop-Banger sind da, hören sich aber erwachsener an als die gemeinsamen Hits von „Red“ oder „1989“.  

Swift schrieb das Album während der „Eras“-Tour

„The Life of a Showgirl“ ist mit zwölf Tracks erheblich kürzer und aufgeräumter als das Vorgängeralbum, thematisch allerdings weniger kohärent.

„The Tortured Poets Department“ drehte sich fast ausschließlich um eine kurze, dramatische Liebesbeziehung. Auf dem neuen Album geht es nun um eine endlich erfüllte Liebe – Swift ist bekanntermaßen mit dem Footballspieler Travis Kelce verlobt –, aber auch um den Groll, den Swift gegen diverse mehr oder weniger berühmte Menschen hegt, und nur am Rande um das Leben als Showgirl. Swift schrieb das Album, während sie mit ihrer „Eras“-Tour durch Europa reiste.

Ein bisschen ist das Album auch ein Rückblick auf die verschiedenen Phasen ihrer Karriere, die sie mit der Tour feierte. In „Ruin the Friendship“ blickt Swift auf einen Highschool-Crush zurück, der Song erinnert mit seinem detaillierten Storytelling an die Country-Banger von „Fearless“. Die zahlreichen Shakespeare-Referenzen in den Lyrics lassen einen an die „Folklore“-und „Evermore“-Alben zurückdenken, während sich „CANCELLED!“ sehr nach dem düsteren, theatralischen „Reputation“ anhört.  

Taylor Swift sing auf dem neuen Album auch über Elizabeth Taylor.

© Mert Alas & Marcus Piggot

Die Leadsingle „The Fate of Ophelia“ beginnt mit melancholischen E-Piano-Akkorden, bevor der Dance-Beat einsetzt und Swift einen direkt ins Ohr gehenden Refrain raushaut. Ein weiteres frühes Highlight ist „Opalite“, das mit einem Abba-esquen Chorus zum Mitsingen einlädt, pure Freude ausstrahlt und damit am meisten an die frühen Kollaborationen von Martin und Swift erinnert.

An „Actually Romantic“ werden sich die Geister scheiden. Der Song ist mit seinem 90er-Jahre-Rock-Riff einer der stärksten des Albums, aber auch eine Kriegserklärung an Charli XCX, die einen schalen Nachgeschmack hinterlässt. Auf ihrem „Brat“-Album vergangenen Sommer hatte Charli XCX einen Song veröffentlicht, in dem es hauptsächlich um ihre eigene Unsicherheit geht, wenn sie einem Megastar wie Swift gegenübersteht.

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Taylor Swift nahm diesen Song offenbar als Affront und dezimiert Charli XCX auf herablassende Art und Weise. Nach unten treten, könnte man das auch nennen. Vielleicht hätte Swift sich lieber an Donald Trump abreagieren sollen, der sie immerhin schon oft öffentlich beschimpft hat, unter anderem mit den Worten: „I HATE TAYLOR SWIFT!“

„The Life of a Showgirl“ aber bleibt unpolitisch.  Und wartet, in typischer Taylor-Manier, mit einigen Cringe-Momenten auf. Allen voran in „Wood“, das sich so sehr nach Jackson Fives „I Want You Back“ anhört, dass es überrascht, den Song nirgendwo in den Credits zu sehen.   

Taylor Swift versucht sich hier an Lyrics, die man eher auf einem Sabrina-Carpenter-Album vermuten würde, voll mit mehr oder weniger expliziten Anspielungen auf das Gemächt ihres Verlobten. „The curse on me was lifted by your magic wand“, singt Swift da unter anderem.

„Eldest Daughter“ enttäuscht als fünfter Track, traditionellerweise die emotionalsten Swift-Songs auf jedem Album. In einer recht generisch klingenden Pianoballade, deren Refrain die Melodie ihres Songs „White Horse“ aufgreift, regt sich Swift über die Internetkultur auf, in der sich alle gegenseitig trollen. „Sad as it seems, apathy is hot“, singt sie und klingt dabei ein wenig wie eine mit dem Zeigefinger mahnende Mutti.

„I’ve been dying just from trying to be cool“, heißt es im Pre-Chorus. Ein sich wiederholendes Motiv in ihren Songs, etwa in dem deutlich stärkeren „Mirrorball“ vom „Folklore“-Album. Swift betont hier erneut, was alle, die ihre bisherigen Alben gehört haben, ohnehin schon wissen: Sie ist nicht cool, sie wird es nie sein, und sie will sich nicht mehr schämen für ihre Basic-Bitch-Wünsche, etwa zu heiraten: „When I said I don’t believe in marriage / That was a lie.“ Noch auf „Midnights“ von 2022 hieß es, dass eine Ehe „50er-Jahre-Scheiße“ sei. Aber da kannte sie ja Travis Kelce noch nicht.

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Taylor Swift ist allerdings nicht nur verliebt, sie ist auch eine sehr versierte Businessfrau, was ebenfalls zur Sprache kommt. Auf „Father Figure“, inspiriert von George Michaels 80er-Hit, zeichnet sie sich als Mafiaboss. „You made a deal with this devil, turns out my dick’s bigger“, singt Swift – sie hat den größeren, dieses Imperium gehört ihr. Wohl ein Verweis auf ihre Master-Aufnahmen, die sie dieses Jahr für Hunderte Millionen zurückgekauft und sich damit gegen alle Widersacher durchgesetzt hat.

Im Album-Closer „The Life of a Showgirl“ singt sie im Duett mit ihrem Protegé Sabrina Carpenter über das komplizierte Leben als Frau im Showbusiness. An alle, die sich gewünscht hätten, dass sie stirbt, hat Taylor Swift eine Message: „I’m immortal now, baby dolls, I couldn’t if I tried“. Diesen Flex hat sie sich verdient.  

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