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Glitzerfolie. Die meisten Materialien von Barbara Kasten sind banal, die Effekte ihrer Bilder in der Sammlung Philara fantastisch.

© Sammlung Philara

Neues Festival Düsseldorf Photo: Zu viele Fotos für eine Stadt

Düsseldorf feiert sich mit einem neuen Festival der künstlerischen Fotografie. Dass parallel dazu ein anderes Foto-Festival läuft, tut der Stadt nicht gut.

Spät, sehr spät ist Düsseldorf der Gedanke gekommen, dass in der Stadt Pioniere gewirkt haben. Bernd und Hilla Becher schrieben Fotogeschichte, ihrer Professur an der Kunstakademie der Landeshauptstadt ab 1976 verdanken sich fotografische Künstlerpositionen wie Andreas Gursky, Tata Ronkholz oder Thomas Struth. Nun, wo auch diese Generation das Rentenalter streift, formiert sich die Düsseldorf Photo: ein Festival zum Thema Fotografie. Mit Ausstellungen in Museen wie privaten Galerien, einer Konferenz, einer Buchmesse, Talks und Filmprogramm. Neun Tage lang soll sichtbar werden, wo das Medium aktuell steht.

Tatsächlich ist die Idee eines Festivals etwas älter. Vor sieben Jahren wurde – genau wie jetzt vom NRW-Forum – schon einmal eine Plattform gegründet und mit öffentlichen Geldern gefördert. Als dreitägige Veranstaltung firmierte und firmiert sie noch unter Duesseldorf Photo Weekend, organisiert zuletzt von der Galeristin Clara Maria Sels. Die finanzielle Unterstützung ging nun zurück ans NRW-Forum, das mit Alain Bieber nach langer Vakanz einen neuen Direktor hat. Sels aber wollte sich nicht wieder eingemeinden lassen – und muss nun ohne städtische Zuschüsse wirtschaften.

Der Effekt: Vergangenes Wochenende eröffneten parallel zwei Veranstaltungen mit zusammen über hundert Orten, von denen einige an beiden Festivals beteiligt, andere sich gegenseitig gram sind, weil der Streit zu einem hässlichen Grundsatzkrieg geworden ist. Auf welcher Seite stehst du? Dieser Frage entkam kaum einer während der ersten Tage. Dass sich die Seiten für 2019 auf eine gemeinsame Strategie einigen, kann man nur hoffen. Denn beider Programme machten den Eindruck, als hätten der schieren Größe und eigenen Wichtigkeit zuliebe am Ende Kompromisse gestanden. Zwei Festivals in einer Stadt mit einem überschaubaren Angebot an Galerien tun Düsseldorf nicht gut.

Überraschend viel Kriegsfotografie

So muss man selbst einen Kompass für das Wichtige haben. Viele der Ausstellungen sind ja noch eine Weile zu sehen; darunter die Porträts von Herlinde Koelbl, eine Retrospektive von Jan Dibbets, der ebenfalls bis 2004 an der Düsseldorfer Kunstakademie lehrte, in der Akademie-Galerie oder bei Grisebach die Fotografie der legendären Gruppe „fotoform“. Die private Sammlung Philara präsentiert die erste größere deutsche Retrospektive mit den fotografischen Experimenten von Barbara Kasten, Jahrgang 1936 und in Chicago zu Hause. In der Galerie Cosar HMT zeigt bis zum 3. März Martin Klimas seine abstrakten Bilder, die an Kompositionen russischer Avantgardisten erinnern. Klimas’ Motive scheinen die Farbe zu wechseln, sind tatsächlich aber aus transparenten Folien collagiert, auf Leuchttischen arrangiert und durch einen Polfilter gefilmt, der diese Farben produziert - helles Grün, zartes Rosa, ein fast durchsichtiges Violett. Bei Rupert Pfab stellt Timm Rautert aus, durch dessen Schule – er war Professor an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst – zahlreiche namhafte Künstler gegangen sind. Pfab zeigt sachliche Vintage Prints aus den USA, aber auch die Arbeit „Crazy Horse“, die mehr ein politisches Statement des Künstlers denn leicht verkäuflich ist.

Davon gibt es mehr im Programm der Düsseldorf Photo und auch beim Weekend, das überraschend viel Kriegsfotografie zeigt und sich so mit der politischen Gegenwart auseinandersetzt. Was man dagegen nach dem Auftakt-Wochenende verpasst, sind die auf wenige Tage beschränkten Projekte junger Fotografen in Wohnungen oder temporären Projekträumen. Ihnen müsste man mehr Raum und Zeit geben. Die Frage, was eine derart auf Fotografie geeichte Akademie als nächste Generation hervorbringt, gehört zu den spannendsten, die ein Festival beantworten kann. Die Galerie Konrad Fischer versucht es mit einer Soloschau der jungen Künstlerin Louisa Clement – ein Vorbild für 2019.

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