
© Björn Kadenbach
Neues Publikum für die Klassik begeistern: Wie man Koalas ins Konzert lockt
Die meisten Orchester werben mit den Interpreten und Komponisten, die sie präsentieren. Doch das sagt nur Kennern etwas. Die Dresdner Philharmonie wählt darum jetzt einen anderen Weg.
Stand:
Wer sind eigentlich die Menschen, die abends ins Konzert kommen? Frauke Roth, die Intendantin der Dresdner Philharmonie wollte es genau wissen und ließ eine Publikumsbefragung durchführen – mit überraschenden Ergebnissen.
Mehr als die Hälfte der Gäste gab an, nur einmal pro Saison das Orchester der sächsischen Landeshauptstadt zu besuchen. Und 35 Prozent waren sogar Neukunden. Neben den treuen Abonnenten gibt es also auch sehr viele Bürgerinnen und Bürger, die zwar generell offen für Live-Klassik sind, aber in der Praxis nur selten zu den Darbietungen kommen.
Namedropping nützt nichts
Wer diese Zielgruppen erreichen will, kann nicht wie gewohnt für die Konzerte werben, also mit den Namen der Komponisten oder Interpreten. Weil die ja nur den Kennern etwas sagen. Darum hat das Orchester jetzt einen „Konzertfinder“ entwickelt, der nach dem Prinzip des „Wahlomat“ funktioniert: Wenn ich ein paar Fragen beantworte, erhalte ich fünf Vorschläge für Veranstaltungen, die mit meinem Geschmack matchen könnten.
Ich habe das Tool natürlich sofort ausprobiert – und fand es, ehrlich gesagt, äußerst befremdlich. Ich sollte per multiple choice entscheiden, in welches Film-Genre mein Leben passt, ob ich beim Kochen improvisiere, anstatt mich ans Rezept zu halten, wie ich meinen Urlaub verbringe und ob ich als Tier lieber ein Koala wäre oder ein Delfin.
Aber ich bin eben auch nicht die Zielgruppe so eines Tests. Wobei ich mit den Ergebnissen dann durchaus wieder einverstanden war: Mir wurden unter anderem die „Planeten“ von Gustav Holst empfohlen, Schostakowitschs 10. Sinfonie sowie Richard Strauss’ Oper „Elektra“ in konzertanter Fassung.
Dazu gab es statt Namedropping kurze Texte, die mir erklärten, welche Emotionen die gespielten Werke beim Hören auslösen.
Ein guter Ansatz: Denn die Befürchtung, sich auf diesem Gebiet nicht auszukennen, bildet leider immer noch die höchste Hemmschwelle beim Zugang zur Klassik. Klarzumachen, dass der Genuss auch auf der Gefühlsebene funktioniert, ganz ohne Fachwissen, ist der Schlüssel dazu, den Leuten Lust auf den Konzertbesuch zu machen.
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