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Kultur: Neustart

Kerstin Behnke debütiert als Dirigentin der Berliner Cappella

Wer „Die Drei von der Tankstelle“ am Theater Brandenburg hinkriegt, der braucht das „Deutsche Requiem“ technisch nicht zu scheuen. Denn die lieblichen Wohnungen des Chorwerkes von Brahms bergen weniger Imponderabilien als eine Operette auf bescheidener Szene. Mit Respekt ist zu konstatieren, dass die aufgelisteten Karriereschrittchen Kerstin Behnkes keine Nebenwege meiden. Jedenfalls ist es nicht der goldene Mittelweg, der die junge Dirigentin aus Hamburg über allerlei Assistenzen (Magdeburg), freie Produktionen und Professorenvertretungen (Humboldt-Universität) nun auf das Podium der Berliner Philharmonie geführt hat.

Seit Peter Schwarz die Berliner Cappella 1965 kreiert hat, stellt sie einen Fixpunkt im Musikleben der Stadt dar, ein Vorbild an Offenheit für Begegnungen und Zeitfühligkeit im Künstlerischen. Daher gab es viele Bewerber um die Schwarz-Nachfolge und einen Interimsdirigenten in der vergangenen Spielzeit. Jetzt baut der anspruchsvolle Laienchor auf seine neue Chefin Kerstin Behnke. Ihr Debütkonzert mit dem Brahms-Requiem gleicht einer gegenseitigen Sympathiekundgebung aller Beteiligten, der Sänger und Sängerinnen, der Dirigentin wie ihres Publikums. Dass von ihrer Leitung Motivation und Anregung ausgehen, refklektiert auch das Orchester des Staatstheaters Cottbus, dessen tiefe Streicher ein feines Legato entfalten, dessen Holzbläser Lichter aufsetzen.

Behnkes Interpretation konzentriert sich auf Dynamik und Klang. Sie wird nur laut, und das im Sinn von Intensität, wo die Partitur es dringend vorschreibt: „Hölle, wo ist dein Sieg!“ Sie modelliert das Decrescendo: „Selig sind, die da Leid tragen“, sie spürt keine falsche Wucht in dem Totentanz „Denn alles Fleisch es ist wie Gras“, sondern hält sich an die piano-Vorschriften. Daher klingt der bewegte trioartige Mittelsatz „So seid nun geduldig“ besonders lebendig. Der Takt- und Tempowechsel im sechsten Satz bei der Stelle „Denn es wird die Posaune schallen“ gelingt mit vorausdenkender Sensibilität, ebenso die Legatobögen – „die in dem Herren sterben“ – im Finale. Zu erarbeiten wäre noch, was der Bariton Sebastian Noack selbstverständlich vormacht: Wortdeutlichkeit, mit der sich klar umrissene Textgestaltung einstellt. In den Fugen sollten die Einsätze klarer markiert werden, damit der Eindruck des Verwischten wegbleibt. Um dem Ganzen zu dienen, ist das kleinste Teilchen zu verteidigen. Aber die Zusammenarbeit der Cappella mit Kerstin Behnke ist jung und hoffnungsvoll. Sybill Mahlke

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