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Kultur: Oben wie unten

"Das Bild hängt verkehrt herum!", "Die Skulptur steht auf dem Kopf!

"Das Bild hängt verkehrt herum!", "Die Skulptur steht auf dem Kopf!": Mit solchem Urteil zwingt ein gnadenloser Kunstkenner jeden weniger Sachverständigen mühelos in die Knie.Oder treibt umgekehrt ein ahnungsloser Kunstbanause den Kenner zur Verzweiflung.Bei den abstrakten, variablen Arbeiten von Joseph Henry Lonas sind derartige Vorstellungen ausgeschlossen.Die meisten seiner Skulpturen sowie der Bilder der letzten vier Jahre lassen sich nach Belieben drehen und wenden.Lonas eröffnet dem Besitzer der Werke eigenen Handlungsspielraum.Statt in der Rolle des passiven Betrachters sieht er ihn als Benutzer, der Kunst ganz konkret begreifen darf.

Solch flexible Bildkompositionen erfordern eine besondere Balance ihrer Bildelemente.Variable Skulpturen setzen extreme Sicherheit im dreidimensionalen Denken und technisch ausgefeiltes Know-how voraus.Ein Fulbright-Stipendium in der Tasche, kam Lonas 1953 nach Berlin.Der junge Künstler aus Virginia ahnte nicht, daß er für immer bleiben und achtundzwanzig Jahre als Professor an der HdK lehren würde.

Bekannt wurde er als Bildhauer."Vegetativ-Konstruktiv" heißt eine Bronze von 1961.Die Vereinigung von Gegensätzen zieht sich als roter Faden durch sein Lebenswerk.Lonas verbindet naturnahe Wachstumsprozesse, organisch geschwungene Rythmik mit dem rational technischen Kalkül kantig architektonischen Aufbaus.Industriell vorgefertigte, profilierte Stahlformen lösten den Metallguß ab.Kurz darauf setzte Lonas Materialkombinationen von farbigem Polyester oder transparentem Plexiglas mit Stahl, Aluminium oder Messing ein.Er experimentierte mit einem neuartigen Bausatzverfahren, das seine Skulpturen (5000 DM bis 130 000 DM) variabel veränderbar macht.Dazu entwickelte er einen Schließ- und Steckmechanismus, den er "mechanical joint" nennt: Messingkuben mit Drehschlösser in den Löchern, in die Spreizstifte eingeführt werden.Ein Jahr lang hätte man bei "The Sphere" zu tun, um alle erdenklichen Kombinationen auszuprobieren.

1985 wandte er sich der Malerei zu.Viele seiner jüngsten Bilder tragen den nüchternen Titel "K.A." für "Konstruktiv- Amorph".Transparent überlagern sich geometrische Farbzonen und Felder amorpher, luftiger Farbnebel zu vexierbildartig verwobenen Kompositionen.Ihre vibrierende Spannung mündet stets in ausgewogener Harmonie.In kraftvollen Spektral- und Regenbogenfarben malt Lonas seine schwebend leichten, energiegeladen Metamorphosen von erstaunlich wandlungsfähigem Variationsreichtum (3000 DM bis 12 000 DM).Der Dreiundsiebzigjährige schöpft unermüdlich aus der Quelle seiner reichen künstlerischen Erfahrung.

Just Art Galerie, Pariser Straße 62, bis 10.Juni; Montag bis Freitag 17-20 Uhr, Donnerstag 10-20 Uhr, Sonnabend 11-16 Uhr.

ELFI KREIS

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