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Kultur: Polen umarmen

„Chopiniana“ mit dem Konzerthausorchester.

Durchweg pianissimo und mit Wärme soll „Lullaby“ gespielt werden, ein „Wiegenlied“ aus polnischer Melodie, in dem 29 Streicher eigene Stimmen spielen und zwei Harfen den Rhythmus: Das Konzerthausorchester entspricht dem Komponisten Andrzej Panufnik mit einer feingewebten Interpretation. In seinem Land als Kulturträger anerkannt, vertrat er als Musiker Unmögliches: polnische Avantgarde. 1954 emigrierte er nach England mit seiner „volksfremden“ Musik. Ihr heute zu begegnen, bringt Gewinn.

Eröffnet vom Konzentrat des „Wiegenliedes“, führt im Konzerthaus eine „Chopiniana“ unter Leitung des polnischen Dirigenten Lukasz Borowicz zu dem Chopin-Klavierkonzert f-Moll. Die gespannte Erwartung galt Lise de la Salle. Weil das Wundermädchen erkrankt ist, springt kurzfristig Alexei Volodin ein. Es ist eine Freude zu beobachten, wie der Dirigent sich dem russischen Pianisten zuneigt. Beide sind gleichaltrig, Jahrgang 1977, komplimentieren einander auf dem Podium. Kein Zweifel, dass Volodin Chopin-Süßigkeit scheut. Seine klare Artikulation dominiert über dem Pizzikato der Kontrabässe, um ihr Ziel im Feuerwerk der Virtuosität zu finden.

Chopin, der Komponist elementarster Klavierbekenntnisse, wird von Alexander Glasunow, dem Lehrer für Instrumentation, arrangiert: Künstlerisch notwendig ist das mit Becken, Trompeten und Posaunen aufgeblähte Klanggewand seiner Bearbeitung „Chopiniana“ nicht, aber für die Ballettbühne nützlich.

Um Polen gänzlich zu umarmen, folgen „Ewige Lieder“ (1906) von Mieczyslaw Karlowicz: Lieder der Langsamkeit, des Schweifens, der Naturromantik, die „von der ewigen Sehnsucht“ erfüllt sind, von der „Liebe und dem Tode“, sogar „vom All“. Am Pult des animierten Orchesters plädiert Borowicz temperamentvoll für die Musik seiner Heimat: ein liebenswerter Super-„Tristan“ aus der Hohen Tatra. Sybill Mahlke

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