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© AFP

Konzertkritik: Muse: Größe & Wahn

Von Wembley nach Friedrichshain: Der monumentale Auftritt der britischen Band Muse in der Berliner O2-Arena.

Im Sommer 2007 haben Muse das neue Londoner Wembley-Stadion eingeweiht: Zwei Auftritte vor jeweils 100.000 Zuschauern, die an legendäre Materialschlachten von Rocksauriern wie Pink Floyd oder Queen erinnerten – und die sich in Zeiten des Niedergangs der Musikindustrie eigentlich niemand mehr leisten kann. In Berlin ist alles ein paar Nummern kleiner: Die O2-Arena ist nicht ausverkauft, trotzdem sorgen gut 10.000 Zuschauer für einen ohrenbetäubenden Empfang, als die Stoffbahnen von drei hallenhohen Pylonen fallen und Muse in hydraulisch absenkbaren Stahlkäfigen das donnergrollende „Uprising“ intonieren.

Zu dritt generieren sie einen Sound, dessen Monumentalität einen schier umhaut. Christopher Wolstenholme knetet mit Eisenpranken die Basssaiten, Dominic Howard prügelt wie mit Schmiedehämmern auf sein Schlagzeug ein. Darüber drischt Matthew Bellamy metallische Riffs oder lässt seine Gitarre in angeberischen Solosprints aufjaulen, während er sich zum operettenhaftem Falsett in gespreizte Freddie-Mercury-Posen wirft.

Natürlich ist Bellamy ein eitler Pfau, der mehr als einmal die Grenze zur Peinlichkeit überschreitet. Aber die Fans lieben Muse gerade für diesen Mut zum Größenwahn, mit der sie die Sentimentalität von Coldplay, das Pathos von U2, die Härte von Metallica und die Kopflastigkeit von Radiohead zu monströsen Songungetümen verquirlen. Live funktioniert das nur mit einer adäquaten Show: Lasergewitter wie in einer „Star Wars“-Raumschiffschlacht, brillante Videoprojektionen, konfettigefüllte Riesenballons und Dampffontänen lassen nach 100 Minuten wenig Wünsche offen. Auch wenn der Abend in der mit Superlativen gesättigten Muse-Konzertbiografie eine Fußnote bleiben dürfte.

Jörg W, er

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