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Engel mit Durchschlagskraft. Sabina (Kristen Stewart), Jane (Ella Balinska) und Elena (Naomi Scott) wollen nur spielen.

© Sony

Progressiv prügeln: Das Remake „3 Engel für Charlie“ feiert weibliche Solidarität

„3 Engel für Charlie“ war bisher immer eine Männerfantasie. Mit ihrem Remake dreht Regisseurin Elizabeth Banks den Spieß um.

Hamburg – was haben wir denn da? Jungfernstieg, Michel, Speicherstadt. Ja, alles schön. Aber, hey, was ist denn dieses schicke Glitzergebäude am Wasser? Die Elbphilharmonie. Fantastisch, nehmen wir.

So ähnlich dürfte die Locationsuche für einen der Hauptschauplätze von „3 Engel für Charlie“ ausgesehen haben. Deshalb stellt das Opernhaus nun die Zentrale eines internationalen Konzerns dar, der eine nachhaltige Energiequelle entwickelt hat.

Allerdings lässt sich diese auch in eine Waffe verwandeln, was kriminelle Begehrlichkeiten weckt und bald zu einem munteren Auf- und Abgerenne in den Treppenhäusern der Elbphilharmonie führt. Hamburg, dessen Filmförderung bei der Finanzierung der Actionkomödie geholfen hat, darf noch für diverse andere Schnittbilder herhalten und dient zudem als Kulisse für eine Verfolgungsjagd mit hohem Blechschadenanteil.

Anschließend geht es nach Berlin, das als finster-dubioser Kontrapunkt zur Hansestadt in Szene gesetzt wird. Eine gräuliche Frontansicht des Hauptbahnhofs und ein Schild mit der Aufschrift „Hier baut Berlin“ in der Nähe der Museumsinsel gehören zu den erinnerlichen, aber kaum schmeichelhaften Ansichten, die Regisseurin Elizabeth Banks auserkoren hat, um die deutsche Hauptstadt zu repräsentieren.

Was ein wenig verwundert, stehen hohe Schauwerte bei ihrer zweiten Regiearbeit nach dem Blockbuster „Pitch Perfect 2“ doch weit oben auf der Agenda.

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Das gilt vor allem für ihre Hauptdarstellerinnen. Kristen Stewart als Agentin Sabina Wilson und Ella Balinska als Agentin Jane Kano tragen in den zwei Filmstunden mindestens so viele schicke Kostüme auf wie die Models bei einer Pariser Fashion Week – und sind dabei genauso perfekt geschminkt.

Wenn Sabina und Jane die von ihnen beschützte Programmiererin Elena (Naomi Scott) in den begehbaren Kleiderschrank ihrer Geheimorganisation führen, ist das ihre Initiation. Wobei zu den Outfits selbstredend auch diverse James-Bond-artige Gadgets und jede Menge Waffen gehören.

Verglichen mit den drei Engeln aus der ersten Filmadaption der TV-Serie, die sich meist mit ihren Kampfkünsten durchsetzten, gehen die Nachfolgerinnen von Cameron Diaz, Lucy Liu und Drew Barrymore knapp 20 Jahre später deutlich rabiater zu Werke.

Bei aller Sexyness werden die Darstellerinnen nicht male-gaze-haft inszeniert. Das ist ein Verdienst von Elizabeth Banks, die in „3 Engel für Charlie“ die Rolle einer Chefagentin übernimmt. Die füllt sie mit Stil und Selbstironie aus.

Dialoge sind bestenfalls halbwitzig

Auch noch das Drehbuch zu schreiben, gehörte allerdings nicht zu ihren klügsten Entscheidungen. Denn viele Dialoge sind bestenfalls halbwitzig, zudem braucht der Film lange, um seinen Rhythmus zu finden.

Dass Banks die besten Gags und einen Gaststar wie Laverne Cox in den Abspann packt, der zugleich als Cliffhanger für ein Sequel fungiert, spricht für sich. Immerhin: Als die Handlung etwa ab der Hälfte von Deutschland in die Türkei wechselt, verwandelt sich das dramaturgische Gezuckel in einen Fluss.

Die Engel und ihr Neuzugang kommen verräterischen Aktivitäten in Elenas Firma auf die Spur. Zudem wird ihnen klar, dass auch innerhalb der Agentur jemand gegen sie arbeitet. Die Männer, mit denen sie es zu tun haben, sind bis auf eine Ausnahme alles üble Typen.

Die monotone Palette reicht von sexistischen Managern über schmierige Mafiosi bis hin zu einem wortkargen, zutätowierten Auftragskiller. Dass sie in comichaft überzeichneter Weise vermöbelt werden, scheint völlig gerechtfertigt.

Im Glitzerkleid auf Vernichtungszug

Das ist unterhaltsam, vor allem beim großen Finale auf einer Party. Hier lässt der Film dann endlich auch eine gewisse Campness zu, wenn etwa Kristen Stewart und Ella Balinska in ihren Glitzerkleidern erst mal ein choreografiertes Tänzchen aufführen und in einem Fotoautomaten posieren, bevor sie ihren Vernichtungszug durch die Villa beginnen.

Trotzdem wünschte man sich, dass die Neuauflage der Engel ein bisschen smarter, subtiler und substanzieller rüberkäme. Ähnlich war das kürzlich schon bei „Hustlers“, dessen Selbstermächtigungsgestus vor allem der Kapitalismusaffirmation diente.

Wobei man es nicht zu gering schätzen sollte, dass die beiden Filme Solidarität und Freundschaft unter Frauen feiern. Umso unverständlicher daher, dass Elizabeth Banks nach dem enttäuschenden US-Einspielergebnis ihres Films am Startwochenende ausgerechnet gegen Patty Jenkins’ „Wonder Woman“ stänkerte: Obwohl eine Frau die Hauptrolle spiele, gehöre der Film zum männlichen Genre der Comic-Adaptionen. Und sei nur deshalb so erfolgreich gewesen.

[In elf Berliner Kinos, keine OmU/OV]

Dass es einfach ein charmanter, spannender Film mit einer tollen Heldin war, ignoriert sie ebenso wie die Tatsache, dass etwa Paul Feig mit der weiblichen Neuauflage von „Ghostbusters“ etwas mehr riskiert hat als sie selbst.

Deshalb täte Banks gut daran, die Diskriminierungskarte wieder einzustecken und sich darauf zu konzentrieren, einen besseren zweiten Teil der „3 Engel“ zu produzieren. Der Abspann macht jedenfalls Lust auf mehr.

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