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Szene aus dem Film „Drama Queens“ mit Billie Kolher (Gio Ventura, links) und Mimi Madamour (Louiza Aura)

© Salzgeber

Queerer Musicalfilm „Drama Queens“: Wenn die knallbunte Welt schwarz wird

Intensiv und überdreht: Der französische Regisseur Alexis Longlois erzählt in seinem Debütspielfilm von zwei jungen Sängerinnen in einer toxischen Beziehung.

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Eine Nacht im Club. Billie (Gio Ventura) und Mimi (Louiza Aura) knutschen wild herum, springen auf die Tanzfläche, knutschen weiter, rufen sich „Ich liebe dich“ zu, tanzen und küssen sich noch intensiver.

Vielleicht ist diese der glücklichste Augenblick, den die gerade volljährigen Frauen jemals miteinander erleben werden. Denn der Song, zu dem sie sich so leidenschaftlich bewegen, wirkt bereits wie ein böses Omen, heißt er doch „Désabusée“ (Desillusioniert), und die Refrainzeile lautet „Le monde est noir“ (Die Welt ist schwarz).

Tatsächlich hat das Lied Mimis Welt zunächst einmal heller gemacht: Mit ihrer Interpretation des Hits der Diva Magalie Charmer (Asia Argento) hat sie die Vor-Jury einer Castingshow verzückt, sie darf mitmachen – und gewinnt den Wettbewerb.

Auch Billie hatte dafür erfolglos vorgesungen. Mit ihrem krawalligen Elektro-Clash-Sound und ihrer butchigen Erscheinung hätte sie aber ohnehin kaum in das TV-Hochglanz-Format gepasst – sie hat ihre eigenen Fans in der queeren Szene.

Mimi besucht ein Konzert von Billie und nimmt sie anschließend mit nach Hause. Auf den ersten Kuss folgt der erste Streit – ausgerechnet über Magalie Charmer. Diese explosive Dynamik prägt die Beziehung der beiden titelgebenden „Drama Queens“ in Alexis Langlois’ Debütspielfilm von da an.

Zunehmend toxische Züge bekommt sie, nachdem Mimi – zum Hetero-Blondchen umgestylt– in den französischen Popstar-Himmel aufsteigt und Billie vor Sehnsucht und Eifersucht fast platzt. Schließlich baut sie rund um die Liebesschwüre, die sie mit Mimi in der Clubnacht ausgetauscht hatte, einen eigenen düsteren Hit.

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Alexis Langlois, der zusammen mit Carlotta Coco und Thomas Colineau auch das Drehbuch schrieb, inszeniert „Drama Queens“ als ein im Jahr 2005 angesiedeltes Musical. Es gibt noch keine Smartphones, dafür haben knallbunte Trash-Formate im Fernsehen großen Einfluss.

Treiben die poppigen Songs die Handlung in der erste Hälfte noch plausibel voran und sind teils richtige Ohrwürmer, wie Mimis Durchbruchssingle „Touch pas“, scheint es im weiteren Verlauf nur noch darum zu gehen, alles immer greller und überdrehter zu gestalten. So muss Mimi nach einer TV-Demütigung durch zwei trans Moderatorinnen auch noch eine furchtbare Parodie ihrer Lieder durch zwei Drag Queens ertragen, die von einem Saal voller Queers bejubelt wird.

Falls der 1989 geborene Langlois vorhatte, eine Hommage an Vorbilder wie Jacques Demy, Vincente Minnelli und Chantal Akerman zu drehen, die deren Musicals in Sachen Campness übertrifft, ist er gescheitert. Denn dafür ist sein Werk zu wenig nuanciert im Ton und zu unbarmherzig im Blick auf seine Figuren. Irritierend wirkt zudem sein Versuch der Kritik an stereotypen Weiblichkeitsinszenierungen, der unter anderem darin mündet, dass sich sowohl Billie als auch ein durchgeknallter Superfan (Bilal Hassani) in groteske Mimi-Kopien verwandeln.

Der Dauerübertreibungsmodus macht „Drama Queens“ zu einer zunehmend anstrengenden Seherfahrung. Außerdem hätte eine halbe Stunde weniger Spielzeit der Sache durchaus gutgetan. Das utopisch-versöhnliche Finale mag auf dem Papier wie eine gute Idee klingen, doch wer nach 115 Minuten ermattet im Kinosessel hängt, wird es kaum genießen können.

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