Kultur: Reise im Versuchsballon
Die Galerie Mathias Kampl setzt auf Projekte in Berlin
Manchmal sind die Dinge nicht, wie sie scheinen, und manchmal sind sie einfach falsch. Bei der Lektüre des Artikels „Das Galerienkarussell“ (Tagesspiegel vom 31. Januar) konnte der Eindruck entstehen, die Münchner Galerie Mathias Kampl hätte ihre Berliner Dependance in der Auguststraße aufgegeben. Das ist nicht der Fall: Der Projektraum, den Kampl zusammen mit seinem Kollegen Andreas Binder vor fünf Jahren gegründet hat und nach dessen Rückzug alleine weiterführt, ist nach wie vor ein Ort mit regelmäßigen Ausstellungen.
Galeristen sind oft genug nicht nur Kunsthändler, sondern auch Talentsucher auf unsicherer Geschäftsbasis, die, wenn sie mit jungen Künstlerinnen und Künstlern zusammenarbeiten, ein erhebliches finanzielles Risiko tragen. So ist auch Kampls Galerie und Projektraum eine Art Versuchsballon, der am Anfang einer Reise mit offenem Ende steht. Seit gut einem Jahr gibt es hier den so genannten „art cubicle“, ein würfelförmiger Grafikschrank, welcher ein stetig wachsendes Künstler-Archiv mit Originalarbeiten (ab 900 Euro) und Dokumentationen birgt.
Das Besondere daran ist, dass der Galerist in diesem Fall nur den Rahmen zur Verfügung stellt. Die Auswahl der meist noch unbekannten Künstler trifft eine Gruppe von unabhängigen Paten, darunter Ausstellungsmacher, Kunstkritiker und andere Künstler. Und obwohl er etwas sperrig aussieht, ging der „art cubicle“ auch auf Reisen, um in anderen Städten neue Künstler aufzunehmen, zum Beispiel in Prag, Frankfurt am Main, Wien, Venedig oder Warschau. Daneben findet in der Auguststraße das reguläre Ausstellungsprogramm statt. Gestern Abend wurde eine kleine Themenschau eröffnet, die zeigt, wie widersinnig die Kunst sein kann. Die Ausstellung trägt das Motto „Das Geräusch in der Kunst“. Im engeren Sinn zu hören gibt es dabei nichts.
Galerie und Projekte Mathias Kampl, Auguststraße 35, Mittwoch und Freitag 15–20 Uhr, Donnerstag und Sonnabend 12–20 Uhr .
Ulrich Clewing