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Kultur: Romantik ungeheuer laut

Eigentlich hätte man, wie beim Jazz, gleich applaudieren müssen nach Heinz Holligers atemberaubender Kadenz im ersten Satz von Mozarts Oboenkonzert.So perfekt phrasiert, so elegant gespielt, so spannungsreich war Holligers Spiel, daß die natürliche Auflösung dieser Spannung spontaner Jubel gewesen wäre.

Eigentlich hätte man, wie beim Jazz, gleich applaudieren müssen nach Heinz Holligers atemberaubender Kadenz im ersten Satz von Mozarts Oboenkonzert.So perfekt phrasiert, so elegant gespielt, so spannungsreich war Holligers Spiel, daß die natürliche Auflösung dieser Spannung spontaner Jubel gewesen wäre.Aber zivilisierte Menschen tun so etwas nicht.Traditionell werden auch die folgenden Sätze abgewartet, bis Begeisterung gezeigt wird.

Holliger hat seine Atemtechnik derart perfektioniert, daß der Zuschauer nur in den kleinen Verschnaufpausen am heftig-tiefen Atmen die Anstrengung ermessen kann.An Nuancierungskunst und Farbenreichtum ist ihm derzeit kaum ein Oboist überlegen.Leider ist ihm das Radio Symphonieorchester Wien unter Dennis Russell Davies nicht immer ebenbürtig.Das Orchesterspiel hätte etwas spannender, aufgerauhter sein müssen.

Hans Rotts E-Dur-Symphonie aus dem Jahr 1880 ist eine Achterbahnfahrt durch die romantische Symphonik des 19.Jahrhunderts.Viel Brahms ist da zu hören, viel Bruckner, etwas Beethoven; vor allem aber zitiert er ausgiebig Richard Wagner.Immer wieder rechnet der Hörer mit dem wörtlichen Zitat aus den "Meistersingern" oder der "Götterdämmerung", das dann doch nicht kommt.Dafür ist es ungeheuer laut.Überraschend und zur Zeit seiner Entstehung sicherlich verstörend neu ist vor allem das ausgedehnte Scherzo.Diese Musik macht Dennis Russel Davies offenbar mehr Spaß als die Klassik Mozarts.Nun fordert er seine Musiker zu engagierterem Spiel auf.Seine Erfahrung mit Wagners Opern hilft ihm bei der Strukturierung des Monumentalwerks.Klar, daß der letzte Satz noch lange nicht vorbei ist, wenn der Zuhörer zum ersten Mal auf Erlösung hofft.Es folgen noch Schlußfuge und Wiederholung der Schlußfuge, alles mit reger Beteiligung des Triangels - es handelt sich wohl um die Symphonie mit dem größten Triangelpart der romantischen Literatur.Eigentlich ungerecht, daß der Dirigent beim Applaus zwar die Blechbläser, nicht aber den Triangelspieler aufstehen ließ.

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