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RTL will Sky Deutschland kaufen: Ein Abo kommt selten allein
Die RTL Group will zur Nummer drei im deutschen Streaming-Markt aufsteigen. Was das für die Zuschauerinnen und Zuschauer bedeuten würde
Stand:
Make German TV Great again. So könnte der Slogan hinter dem Deal lauten. RTL will Sky Deutschland kaufen. Bertelsmann-Chef Thomas Rabe – die RTL Group gehört zum Konzern-Portfolio – war jedenfalls bei der Verkündung des geplanten Geschäfts um große Worte nicht verlegen: „Das bringt uns auf Augenhöhe mit den amerikanischen Plattformen, vor allem Netflix und Amazon Prime.“ Bertelsmann sehe sich zudem mit seiner 190-jährigen Geschichte in der Verantwortung für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Germany first.
Thomas Rabe handelt zum Ende seiner Chef-Ära Ende 2026 wie ein „Booster“. Für preisgünstige 150 Millionen Euro in bar will er den deutschen Pay-TV-Ableger des internationalen Sky-Konzerns, der im Besitz der US-Comcast Group ist, erwerben. Die Zahlen, die sich mit der von deutschen wie europäischen Wettbewerbs- und Medienkonzentrationsbehörden noch zu genehmigenden Übernahme verbinden, sind beeindruckend.
11,5 Millionen Streaming-Abonnenten
Zusammen genommen können RTL+ und Sky 11,5 Millionen Streaming-Abonnenten in Deutschland aufweisen. Ein ordentliches Volumen, wobei Studien angeben, dass Netflix hierzulande von rund 36 Millionen Deutschen mindestens einmal in der Woche genutzt wird. Wie viele Abos dafür stehen, hat der US-Konzern nie bekannt gegeben. Die tatsächliche Bezahlrate wird niedriger liegen, weil viele Abos immer noch geteilt werden.
Unabhängig davon zeigen die Zahlen, welchen Wettbewerb die künftigen Konkurrenten RTL/Sky, Netflix und Amazon Prime austragen werden. RTL/Sky wird hinter den US-Plattformen zur Nummer drei im deutschen Streaming-Markt aufrücken.
Wenn RTL in Köln das Sagen bei Sky in München haben wird, werden zwei sich ergänzende Programmangebote mit Unterhaltungs-Perspektive fusioniert. RTL steht für Shows, Sport-Highlights, Journalismus und Reality-Formate.
Sky sieht sich als Heimat der Fußball-Bundesliga, der Formel 1 und bietet in zweiter Linie nationale wie internationale Filme („Wicked“) und Serien („And Just Like That“). Dabei ist unklar, ob der Exklusivvertrag von Sky/WoW mit HBO („Succession“, „Big Little Lies“) über 2025 hinaus Bestand haben wird. Deutsche Serienproduktion wie „Der Pass“ und „Berlin Babylon“ wurde Ende 2023 eingestellt.
Solche (Spar-)Maßnahmen wie auch der Verlust der Bundesliga-Konferenz am Samstag an Dazn haben die Attraktivität von Sky nicht befördert. Das kann der neue Verbund aus RTL und Sky ändern, die Verhandlungsposition auf dem einheimischen wie globalen Rechtemarkt wird auf jeden Fall gestärkt. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer sieht schon die Chance gekommen, mehr internationale Produktionen nach Deutschland zu holen.
Sky, das übrigens mal als „Premiere“ von RTL-Konkurrent Leo Kirch gestartet war, braucht Innovation und frisches Geld, im RTL-Reich muss die schwindende Attraktivität des linearen Programms und des damit einhergehenden Schwunds an Werbeeinnahmen kompensiert werden.
Mit der Streaming-Plattform RTL+ hat die Sendergruppe den offenbar richtigen Weg dafür eingeschlagen. Aktuell zählt das Angebot 6,3 Millionen Abonnenten, die zwischen der Basic-Variante für 5,99 Euro bis hin zur Max-Version für 12,99 Euro monatlich wählen können. Wie immer im TV-Bezahlgeschäft gilt die Regel: Wer mehr zahlt, bekommt mehr.
Mit der Übernahme von Sky soll diese Einnahmeseite gestärkt werden. Schon bald wird sich zeigen, welche Pakete aus RTL und Sky-Inhalte über Pay-TV, Free-TV und Streaming-Portale inklusive Audio und Magazine offeriert werden – und ob das lineare Free-TV im Konzern von „Renditefetischist“ Thomas Rabe überhaupt noch eine nennenswerte Zukunft besitzt. Zu gut ist im Gedächtnis, wie der Bertelsmann-Chef den Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr zugunsten einer TV-Verwertung einzelner Marken zerschlagen hat.
Der Fernsehzuschauer jedenfalls wird bei RTL/Sky noch mehr zum TV-Kunden. Er soll sicherlich mit verschiedenartigen Bundle-Angeboten aus bewährten und neuen Inhalten zu diesem oder jenem Abonnement gelockt werden.
Aber klar, das Vergnügen mit dem Bewegtbild wird teurer. Und es ist keineswegs ausgemachte Sache, dass immer mehr Haushalte immer mehr Abos zu immer höheren Preisen abschließen werden.
Studien von 2024 nennen 3,3 Abos pro Haushalt in Deutschland. Preiserhöhungen, die Zunahme von Kanälen, merkwürdige Vertragsbedingungen und die Einführung von Werbung auf verschiedenen Plattformen haben zu einer Abonnement-Müdigkeit geführt. Um dagegen anzusteuern, braucht es schon Witz, Verve und Fantasie der Anbieter.
In diese risikoreiche Situation wird RTL/Sky frühestens 2026 starten. Der Ehrgeiz ist da, dito die Erwartungen. Nur der potenzielle Kunde ist der große Unbekannte. Möglich, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen von ARD und ZDF, ein kostengünstiges Free-TV linear und online, im „Streaming War“ made in Germany zu den Gewinnern gehören wird.
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