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Bewahrt Ruhe mitten im Aufruhr. Der polnische Dirigent Krzysztof Urbanski.

© Fred Jonny/Promo

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin: Ich und alle

Das RSB unter Krzysztof Urbanski spielt Lutoslawski und Schostakowitsch im Berliner Konzerthaus - mit dem Solocellisten Johannes Moser.

Es ist verlockend, die Werke von Dmitri Schostakowitsch (1906 – 1975) und seinem polnischen Kollegen Witold Lutoslawski (1913 – 1994) zuallererst unter dem Vorzeichen des Leidens unter den großen Ideologien des 20. Jahrhunderts zu betrachten. Dennoch sollte man sich bei aller Erschütterung, welche die Musik der beiden Komponisten im einzelnen Moment auslösen kann, diese nicht als quasi dokumentarische Abbildung von realen Erfahrungen des Entsetzens und der Verzweiflung missverstehen, sondern als Ansatz zu ihrer Überwindung im Spiel.

Die spielerische, auch witzige Seite der Gruppendynamik, die sich aus dem Gegensatz zwischen einem neugierig seine Individualität erkundenden Solisten und dem Orchesterkollektiv entwickelt, kommt bei der Interpretation von Lutoslawskis Cellokonzert durch den Cellisten Johannes Moser und das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter Krzysztof Urbanski im Konzerthaus nicht zu kurz.

Köstlich zu beobachten, wie Moser in der einleitenden Kadenz von einem ruhigen Puls in ein kindlich-aufgedrehtes Erkunden von Glissandi und Vierteltönen und schließlich in kontaktheischende Provokationen übergeht, auf die schließlich die Blechbläser mit überforderter Strenge und aufgeregter Empörung reagieren, die ebenfalls etwas Komisches haben.

Intensiv und präzise: Schostakowitschs Zehnte

Dennoch ist das präzise Spiel nicht bloß Karikatur, denn auch das Verschmelzen von Cello und Tuttistreichern im ruhigen Mittelteil wird intensiv gestaltet, ihr Aufgehen in einem immer kreatürlicher wirkenden Unisono und die wimmernden Aufschreie des in einem wütenden Tutti beinahe untergehenden Soloinstruments. Nicht weniger intensiv und zugleich präzise gestalten Urbanski und das Orchester Schostakowitschs monumentale 10. Symphonie. Urbanski entwickelt das Stück weniger aus der Groteske denn aus einem berückend vollen, bratschengesättigten dunklen Orchesterklang.

Über die gesamte Länge bewahrt der junge Dirigent eine bemerkenswerte Ruhe und Übersicht, aus der heraus er unter anderem äußerst effektive und präzise dynamische Steigerungen entwickelt und die großen emotionalen Explosionen ebenso kontrolliert wie wirkungsvoll zu zünden weiß.

Der Deutschlandfunk Kultur überträgt das Konzert an diesem Sonntag, 5.11. 20.03 Uhr

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