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Kultur: Schnell und laut

Christian Tretbar ist begeistert von den neuen Charts in England

Das ist der Punk unter den Reformen. Schnell, einfach, auf den Punkt gebracht und noch dazu wirksam. Hey Ho Let’s Go. Keine langen Diskussionen, keine langen Wartezeiten, bis endlich etwas passiert, sondern einfach gemacht und mit einem raschen ersten Ergebnis. Klar, dass es dabei nicht um Deutschland gehen kann und schon gar nicht um Politik. Das Stück spielt in England, wo sonst, und es geht um Musik.

Genauer gesagt um die Charts, die dort Anfang des Jahres mit einer simplen Reform verändert wurden (der Tagesspiegel berichtete). Und schon nach wenigen Tagen hat es gefunkt: „Koopa“, eine englische Punk-Band aus Colchester, ist ohne jemals eine physische CD veröffentlicht zu haben und ohne Plattenvertrag mit ihrem Song „Blag, Steal & Borrow“ auf Platz 31 in die Single-Charts eingestiegen. In England braucht man keine CD mehr, um in die Charts zu kommen. Diese Produktionskosten kann man sich sparen. Einfach Musik aufnehmen, online stellen und eine große Fangemeinde aktivieren, die Songs massenhaft herunterladen und schon ist man ein Chartbreaker. Auf der Insel wird Platz 31 im Single-Regal der CD-Geschäfte in dieser Woche leer bleiben. Nicht, weil die Musik von Koopa ausverkauft ist, sondern weil sie ausgelagert ist – ins Netz, und der Download ist niemals ausverkauft.

Bandmitglied Joe Murphy (26) ist begeistert vom Erfolg: „Das ist wirklich unglaublich.“ Auf ihrer Website hat die Band ihre Fans über Wochen aufgerufen, die Single herunterzuladen – auch via SMS per Handy. Ihre Anhänger haben sie sich durch mehr als 500 Konzerte erspielt und einem Punksong zur Fußball-Weltmeisterschaft. Mit den Plattenfirmen hat die drei Jahre alte Band dagegen keine guten Erfahrungen gemacht. „Viele Plattenbosse wollten uns entweder zu sehr verändern oder sie konnten nur das für uns tun, was wir auch selbst organisieren konnten. Jetzt müssen sie uns schon sehr beeindrucken mit einem Angebot“, sagt Murphy.

Ob dieses Angebot einer Plattenfirma kommt und wie sie damit umgehen, wissen die drei Jungs der Band auch noch nicht genau. Sicher ist aber, dass diese Chartsreform nachhallen wird wie ein rotziger Punksong: heftig und laut. Das wird auch in Deutschland nicht zu überhören sein.

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