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Kultur: Skulpturen tanzen

Margarete Godon feiert in diesem Jahr ihren 90.Geburtstag.

Margarete Godon feiert in diesem Jahr ihren 90.Geburtstag.Die Künstlerin rüstig zu nennen, verbietet sich angesichts der jugendfrischen Vitalität und staunenden Neugier, die sie sich und ihrem Werk bewahrt hat.Würde man ihre unkonventionellen Skulpturen heimlich an einen Ort der Off-Kunstszene wie das Tacheles schmuggeln: Zwischen den Arbeiten junger Nachwuchskünstler hielte sie niemand für deplaziert.

Doch es ist das Georg-Kolbe-Museum, das zum Jubiläum eine Retrospektive der Berliner Bildhauerin zeigt.Sie beginnt mit einem Linolschnitt von 1948.Er entstand knapp zwei Jahrzehnte nach ihren Grafikstudium an den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst.Drei Jahre darauf beginnt sie ein Zweitstudium.Ihr letzter und prominentester Lehrer ab 1954 ist Karl Schmidt-Rottluff.Er gibt ihr den Rat, sich um Ausstellungen zu bemühen und empfiehlt als Einstiegstaktik: "Machen Sie etwas, worauf die Männer nicht eifersüchtig sind."

Godon knüpft Wandteppiche und fertigt Batiken.Im Verein Berliner Künstlerinnen stellt sie regelmäßig aus.Mit Siebzig betritt Godon noch einmal Neuland.Fremde Gefilde der Skulptur bevölkert sie mit monumentalen Menschenbildern von expressiver Farbigkeit und heiterem Ernst.Voraus gingen erste plastische Reliefs, auf zerknitterte Packpapiere gemalte Torsi und Masken.In ihren Beschwörungsgesten haben die Figuren etwas Rituelles.Sie erscheinen wie einsame Wächter an den Pforten zu einem verlorenen Paradies, das Ursprünglichkeit oder Kindheit heißt.Einige kommen kantig und klobig wie Roboter daher.Sie basieren auf einem Baukastenprinzip verschachtelter Geometrieformen.Andere, mit ihrer wie Tätowierungen direkt auf die Gipshaut gemalten Ornamentik, erinnern an Ureinwohner unentdeckter Kulturen und primitiver Stämme.Manche tragen aus Sisal geknüpfte oder mit Jute umhäkelte Drahtköpfe.Das Grundgerüst besteht aus Styropor.Godon greift unbekümmert zu in der Kunst nicht eben geschätzten Materialien.

Ihre jüngsten Skulpturen stehen nicht mehr starr und steif, sie haben tanzen gelernt.Der "Traumtänzer" von 1998 bewegt noch zögernd seine Glieder."Ako", "Ergie" und "Upilla" verrenken sich bereits heftig zuckend zu lautlosen Disco-Rhythmen.Bestimmt schaut wieder kein Schwein? Irrtum, gleich eine ganze Menagerie von Giraffe bis Känguruh sieht zu.Eine Arche farbenfroher Tierfiguren wie aus der Riesenspielzeugkiste: ein Borstenvieh mit blaugetupfter Schwarte ist auch dabei.

Georg-Kolbe-Museum, Sensburger Allee 25, bis 13.Juni.Katalog 20 DM.

ELFI KREIS

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