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Exemplarischer Riese: Arnold Schwarzenegger stellt am heutigen Mittwoch seinen "Total Recall" vor.

© AFP

Vorausschau: So wird die Buchmesse 2012

Was sind die Trends? Worauf darf man sich freuen? Was werden die Ärgernisse sein? Bei der Buchmesse kommen High und Low, Stars und Geheimtipps, Sachbuch und Fiktion zusammen. Wir blicken voraus und versprechen: Diese Messe wird eine der Riesen.

Im Grunde wäre es zu viel des Guten gewesen, nach dem ganzen spätseptemberlichen Wirbel um die geheimste Buchverschlusssache der jüngsten Zeit: Wenn nämlich J.K. ROWLING die Frankfurter Buchmesse höchstselbst beehren würde, um ihren Erwachsenenkrimi „Ein plötzlicher Todesfall“ vorzustellen. Macht sie aber definitiv nicht, wie ihr deutscher Verlag mitgeteilt hat. Die potenziellen 100 000 Besucher mehr könnte womöglich selbst die Buchmesse nicht verkraften, die dieses Jahr wieder mit rund 300 000 Besuchern rechnet. Es geht auch ohne Rowling, sind doch sonst alle da, die Rang und Namen haben (auch RAINALD GOETZ, drei Auftritte, allerdings ohne zu lesen), alle, die in den Bestsellerlisten stehen, die neue Bücher veröffentlicht haben, die für Preise nominiert sind.

Zum Beispiel die Nummer eins der Sachbuchbestsellerliste: Neuköllns Bürgermeister HEINZ BUSCHKOWSKY mit seinem Buch „Neukölln ist überall“. Dass die Integration gescheitert ist, die Integrationspolitik von „Rat- und Zahnlosigkeit“ dominiert wird, grobe Klötze auf grobe Keile gehören, all das wird Buschkoswky am Buchmessenfreitag unter die Leute bringen. So mancher wird sich dann fragen: War bei Thilo Sarrazin vor zwei Jahren nicht derselbe Rummel? Wird Heinz Buschkowsky gar der Superstar der Messe? Nein, wohl nicht. Selbst ein gewichtiger Mann wie er hat nicht das Format seines Politikerkollegen ARNOLD SCHWARZENEGGER, schon gar nicht dessen Glamour. Deshalb dürfte die Messe ganz im Zeichen von „Arnie“ stehen: Schon am heutigen Mittwoch stellt Schwarzenegger seine Autobiografie „Total Recall“ vor.

Noch ein Schwergewicht, vor allem was die Verkaufs- und Seitenzahlen seiner Bücher betrifft: Der walisische Bestsellerautor KEN FOLLETT. „Winter der Welt“ heißt sein neuester Tausendseiter, der zweite Teil seiner 2010 mit „Der Sturz der Titanen“ begonnenen dreibändigen, das 20. Jahrhundert umspannenden Familiensaga. Heldin von „Winter der Welt“: die deutsche Adlige Carla von Ulrich. Mit der hebt Follett an, er schreibt das Jahr 1933: „Carla spürte, dass ein Streit zwischen ihren Eltern in der Luft lag.“ Und mit Carla endet es auch auf Seite 1022, mit den Gedanken an den Tod des Vaters und ihre Zukunft: „Carla wollte alles genauso machen wie er: Sie wollte ihre Kinder gut erziehen und an der Politik ihres Landes mitwirken; sie wollte lieben und geliebt werden. Vor allem aber sollten ihre Kinder nach ihrem Tod sagen können, ihr Leben habe eine Bedeutung gehabt und dass sie dazu beigetragen habe, die Welt zu einem besseren Ort zu machen ...genauso wie sie es von ihrem Vater sagen konnte.“

Ist das nicht zu, zu, zu schön? Selbst im manchmal nervigen Trubel der Buchmesse dürfte man bei so einem Ende milde gestimmt werden. Und sich freuen, dass High und Low, Hochkultur und Trash in Frankfurt schön gleichberechtigt zum Zuge kommen. So stellt der österreichische Kult- und Brenner-Autor WOLF HAAS seinen zweiten, metafiktionalen Nicht-Brenner-Roman „Verteidigung der Missionarsstellung“ am Mittwochnachmittag auf dem Blauen Sofa vor, gefolgt von „Arnie“, der wiederum das Sofa schön warm sitzt für HANS-PETER SCHWARZ, der über das einstige Politschwergewicht HELMUT KOHL eine lesenswerte tausendseitige Biografie geschrieben hat.

Ja, diese Messe wird eine der Riesen. Dazu gehört allerdings nicht mehr unser aller Lieblingsplayboy ROLF EDEN, der sich ebenfalls am Donnerstag gleich nach dem superben US-Großschriftsteller RICHARD FORD auf das Blaue Sofa setzt, um sein Lebensbuch „Immer nur Glück gehabt“ vorzustellen. Darin bekennt Eden, ein eifriger Zeitungsleser zu sein: „Wenn etwas über mich drin steht, dann freue ich mich sehr – und der junge, frische Tag ist ein guter Tag.“ Der Vorteil so einer Messe ist, dass hier für viele nicht nur einmal, sondern gern auch drei-, vier- oder fünfmal die berühmten 15 Minuten Ruhm Wirklichkeit werden. Das gilt insbesondere für Autoren, die für den Deutschen Buchpreis nominiert wurden, und erst recht für seine Gewinnerin URSULA KRECHEL. Beim Umherschweifen fragt man sich bisweilen, ob es hier vielleicht Doppelgänger gibt: Schon wieder CLEMENS J. SETZ? Habe ich STEPHAN THOME nicht gerade am 3-Sat-Stand gesehen? Im Pop nennt man so etwas „Ochsentour“. Auf die müssen junge Bands gehen und dabei jede noch so kleine Bühne in jeder noch so kleinen Stadt bespielen. Tatsächlich ist jeder Schriftsteller froh darüber, wenn er mehr als nur einen Auftritt hat. HELMUT KRAUSSER etwa, der in seinem Roman „Nicht ganz schlechte Menschen“ die Lebensläufe von drei Menschen in den dreißiger Jahren erzählt. Oder die Österreicherin TERESA PRÄAUER, die gerade den mit 10 000 Euro dotierten „Aspekte“-Literaturpreis bekommen hat für ihren Debütroman „Für den Herrscher aus Übersee".

Auch so ein nimmermüder Buchvorsteller ist der Niederländer CEES NOOTEBOOM, diesmal mit „Briefen an Poseidon“. Nooteboom ist übrigens der einzige Autor bei dieser Messe, der zu den ewigen Nobelpreiskandidaten gehört. Von den Buchmachern in England wird er für den diesjährigen Literaturnobelpreis an fünfter Stelle gehandelt, hinter Haruki Murakami auf Platz 1 sowie Mo Yan, William Trevor und Bob Dylan. Am Donnerstag Punkt 13 Uhr schlägt die Sekunde der Wahrheit. In welcher Ecke der Messe wird dann wohl lauter Jubel ausbrechen? gbar

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