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SEHEN: Sofa statt Parkett

Der Sonntagabend ist gerettet! Zumindest ab Ende 2014.

Der Sonntagabend ist gerettet! Zumindest ab Ende 2014. Dann wird Wolfram Koch „Tatort“-Kommissar! Wenn man sich noch mal ein paar der grandiosen Koch’schen Theater-Duette mit dem (ebenfalls als TV-Ermittler tätigen) Kollegen Samuel Finzi vergegenwärtigt – zum Beispiel in den Gotscheff-Inszenierungen Die Perser am DT (wieder 27.10., 19.30 Uhr) oder Iwanow an der Volksbühne (wieder 31.10., 19.30 Uhr) –, muss man sich um die fachkundige Ermittlungsarbeit in Frankfurt wirklich keine Sorgen machen!

Dass Koch „einer der unbekanntesten ,Tatort’-Kommissare aller Zeiten“ sei, kann auch wirklich nur der als Kulturfachblatt etablierten „Bild“-Zeitung einfallen! Dabei hat man als Theaterzuschauer längst das Gefühl, sein Fantum demnächst nahezu vollständig vom Sofa aus zelebrieren zu können. Denn wer ermittelt zusammen mit Koch? Genau, Margarita Broich – ein Theaterstar! Gibt es überhaupt noch eine (Berliner) Bühnenkoryphäe, die nicht irgendeine Mordkommission des öffentlich-rechtlichen Fernsehens schauspielerisch veredelt?

Martin Wuttke zum Beispiel ist ja nicht nur eine Augenweide in den ballettösen Duetten, die er in René Polleschs Glanz und Elend der Kurtisanen an der Volksbühne (wieder am 13.10., 19.30 Uhr) mit Heißluftballons zu bestreiten pflegt, sondern auch als Leipziger Kriminalhauptkommissar Andreas Keppler: wunderbar teamunfähig, kommunikationsgestört und vergnatzt wie Wuttkes sächsischer Ermittler gibt sie jedenfalls kaum ein „Tatort“-Protagonist.

Oder die wunderbare DT-Schauspielerin Meike Droste, vor der man jetzt noch auf die Knie sinken möchte, wenn man sich an ihre Theaterarbeiten mit Jürgen Gosch erinnert – was man morgen mit Onkel Wanja im Deutschen Theater (19.30 Uhr) übrigens wieder auffrischen kann! Als leicht verdruckste Polizeibeamtin hebt Droste mit Chefin Sophie Haas alias Caroline Peters – ebenfalls eine tolle Bühnenschauspielerin – gewaltig das krimikomödiantische Niveau in der ARD-Serie „Mord mit Aussicht“.

Sage übrigens keiner, dass der „Tatort“ eine Einbahnstraße sei! Es ist bei Weitem nicht so, dass massenweise Bühnen-Hochkaräter die Sender gegenleistungsfrei mit ihrem Können unterwandern. Nein, das Theater bekommt auch etwas zurück! Unvergessen etwa jener Pollesch-Abend vor ein paar Jahren, an dem die begnadete Astrid Meyerfeldt – demnächst im Stuttgarter Premiereneröffnungsreigen unter dem neuen Intendanten Armin Petras zu sehen – mit tief entsetztem Gesicht wiederholt eine nicht vorhandene Tür öffnete und mit einem eleganten Griff in die Herzgegend mindestens 27-mal „Erschossen?!“ tremolierte. So sickert die öffentlich-rechtliche Ermittlungsarbeit auch ins deutsche Bühnengeschehen ein – mit erfreulich ironischem Mehrwert!

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