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Sommerpause in der Kultur: Sollten Theater und Konzerthäuser ganzjährig öffnen?
Viele Bühnen schließen im Sommer für mehrere Wochen. In der Branche gibt es nun eine Debatte, ob das sinnvoll ist. Drei Experten geben ihre Einschätzung
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Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, fordert, dass Theater auch im Sommer Vorstellungen geben sollten. „Es wäre vernünftig, das ganze Jahr über ein gutes Angebot für die Menschen zu machen. In Berlin gehen im Sommer viele Touristen in die Museen. Warum sollten die in dieser Zeit nicht auch einmal in das Theater gehen können?“, sagte Zimmermann der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
Drei Expert:innen beurteilen die Debatte um die Sommerpause bei Kulturbetrieben. Alle Folgen von "3 auf 1" finden Sie hier.
Die Literatur kennt keine Sommerpause
Es gibt Bereiche in der Kultur, in denen ist eine Sommerpause überhaupt kein Thema. So in der Literatur. Natürlich schließen auch Literaturhäuser im Sommer, und natürlich kommt dann das literarische Leben etwas zur Ruhe.
Doch das Lesen an sich kennt keine Jahreszeiten und keine Sommerpausen, auch das muss kaum extra betont werden. Den Verlagen ist das bewusst. Sie haben sich lange verabschiedet von ihren Frühjahrs- und Herbstprogrammen, von stoßartigen Veröffentlichungen hauptsächlich im März und im April sowie im September und Oktober, zu den jeweiligen Buchmessen.
Jedes Jahr erscheinen im Juni, im Juli und erst recht im August zahlreiche wichtige, herausragende Titel, so wie in diesem Sommer die neuen Romane von Emma Cline, Tess McGunty, Kathrin Röggla und Ulrich Woelk, oder neue Bücher von der Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller und dem Goncourt-Preisträger Emmanuel Carrère.
Endlich Lesen heißt es ja so oft im Sommer – umso besser, wenn es sonst keine kulturelle Ablenkung gibt.
Was spricht dagegen, dass die Opern versetzt Ferien machen?
In diesen kühlen, regnerischen Tagen würde man gern mal in die Oper oder ins Theater gehen. Aber die großen Bühnen machen Ferien. Punkt. Das gilt als Naturgesetz. Und wirkt inzwischen wie ein Anachronismus – auch bei heißem Wetter.
Es gibt natürlich Konzerte, es gibt freie Gruppen, die jetzt spielen und das Publikum erfreuen. Aber dass sich eine Kulturmetropole fast geschlossen in den Urlaub verabschiedet, wirkt sehr merkwürdig.
Es geht dabei nicht unbedingt um Touristen, die Programm brauchen: Immer mehr Berliner bleiben im Sommer in der Stadt, und das wird weiter zunehmen. Wer kann, geht angenehmerweise im Winter oder in der Vorsaison auf Reisen. Was spricht dagegen, dass die Opern versetzt Ferien machen? Dass die Schauspielhäuser sich abwechseln und auch mal zu anderer Zeit pausieren?
Homeoffice, Klimawandel, alles fließt. Nur die Kultur in der Hauptstadt hält am traditionellen Kalender fest. Wobei die Berliner Festspiele immerhin nach neuen Spielzeiten suchen, trotz knapper Etats.
Urlaub und Pause müssen erlaubt sein
Jedes Wochenende Dienst: Für Menschen, die am Theater, an der Oper oder im Konzerthaus arbeiten, gilt das die gesamte Saison. Auch zwischen den Jahren und rund um Ostern wird nicht pausiert.
Die Freizeit der anderen ist die Hochzeit der Künste: Wer wollte ihnen da die etwas längere Pause verübeln, bis Ende August mindestens der Probenbetrieb wieder losgeht? Und die Festivalsaison von Bayreuth bis Schleswig-Holstein will ja auch noch gestemmt sein. Schließlich sind da die Häuser selbst: Wer täglich zwischen 500 und 2000 Gäste empfängt, muss sehen, dass der Laden gut in Schuss bleibt. Generalsanierung der Philharmonie, die im Herbst 60 wird?
Anders als gerade bei der Komischen Oper ist eine mehrjährige Schließung mangels Ausweichstätten nicht drin. Also wird jeden Sommer in den eigentlich viel zu knappen sechs Wochen gereinigt, repariert, blitzsaniert. Ferien von nur drei Wochen, es wäre der Alptraum. Denn während der Saison darf nur in der Früh bis zur 10-Uhr-Probe Krach gemacht werden.
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