Kultur: Spender, hört die Signale!
Berliner Kunstpreis für Architekturbüro Sanaa
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Die Revolution blieb diesmal aus. Nicht einmal eine Fahne des Vietcong wurde entrollt, so wie am 18. März 1969, als der Berliner Kunstpreis unter Tumulten das letzte Mal von einem Regierenden Bürgermeister überreicht wurde. Der hieß ebenfalls Klaus, allerdings Schütz, während sein Nach-Nachfolger Wowereit nun nach langer Unterbrechung an die Tradition der Preisübergabe anknüpft. Als Reaktion auf die Politisierung der Kunst hatte sich die Politik aus dem Berliner Kunstpreis zurückgezogen, der seitdem allein von der Akademie der Künste verliehen wurde. Inzwischen sind die Protagonisten von damals in Ehren ergraut, und so maß Akademiepräsident Klaus Staeck bei der Preisverleihung den einstigen revolutionären Umtrieben nur noch eine anekdotische Note bei, die im Plenarsaal der Akademie der Künste am Pariser Platz für Heiterkeit sorgte.
Im Sieben-Jahres-Rhythmus darf jede Sparte der Akademie den Kunstpreis verleihen; diesmal war die Baukunst an der Reihe. Mit dem japanischen Büro Sanaa von Kazuyo Sejima und Ryue Nishizawa haben die drei Juroren Ingeborg Flagge, Ex-Leiterin des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt am Main, Uwe Kiessler von der Akademie und der Architekt Volker Staab eine geradezu heimtückisch kluge Wahl getroffen. Steht doch die Qualität des japanischen Duos außer Frage, das zuletzt mit dem lichten Kubus für die Design School auf der Zeche Zollverein in Essen für Aufsehen gesorgt hat.
In architektonisch aufgeregten Zeiten konzentriere sich das Duo „auf den Zusammenhang von räumlicher Programmatik, räumlichem Konstrukt und äußerer Erscheinung“, sagte der Juror Staab und verwies auf ihr Museum für zeitgenössische Kunst in Kanazawa. Von einer gläsernen kreisrunden Hülle umgeben, definieren dort unterschiedlich hohe Kuben die einzelnen Ausstellungsräume.
Doch der Berliner Kunstpreis 2007 für Sanaa ehrt nicht nur ein international renommiertes Büro jenseits des Mainstreams. Er richtet sich auch an die Stadt selbst. Denn Sanaa hat den Wettbewerb für die Erweiterung des Bauhaus-Archivs gewonnen, bei der das Museum den Investor für den rund 7,4 Millionen Euro teuren Neubau noch selbst suchen muss. Der Kunstpreis bietet da eine willkommene Unterstützung, zumal auch der Regierende Bürgermeister bei der Preisverleihung Wohlwollen signalisierte. Ganz ohne lautstarke Revolution kommt dem Berliner Kunstpreis so doch eine politische Signalwirkung zu. Jürgen Tietz
Jürgen Tietz
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