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Die Studie "Luchterhand im Dritten Reich" hatte der Verlag selbst in Auftrag gegeben.

© Jan Woitas/dpa

Luchterhand und die NS-Zeit: Studie über den Luchterhand-Verlag im Nationalsozialismus

Hat sich der Luchterhand-Verlag in der NS-Zeit bereichert? 2012 waren Vorwürfe publik geworden. Jein, sagt jetzt eine Studie, die in Leipzig vorgestellt wurde.

Zur Rolle des Luchterhand-Verlags während der Nazi-Zeit gibt es nach mehrjähriger historischer Forschung kein einheitliches Bild. Es könne „zwei kontroverse Sichtweisen auf die Verlagsgeschichte in der Zeit zwischen 1924 und 1947 geben“, schreiben die Autoren einer Studie zu „Luchterhand im Dritten Reich“, die am Mittwoch in Leipzig vorgestellt wurde.

Der Luchterhand Literaturverlag hatte die Untersuchung selbst bei Leipziger Buchwissenschaftlern in Auftrag gegeben und finanziell unterstützt. Hintergrund waren 2012 aufgekommene Vorwürfe, Luchterhand könnte in seinen Gründungsjahren von der Unterdrückungspolitik der Nazis profitiert haben. Damals brachte der Verlag hauptsächlich juristische Schriften heraus. Jahrzehnte später erfolgte eine Trennung des Fachverlags und des literarischen Teils.
Im Kern ging es um den Kauf einer Berliner Druckerei im Jahr 1938 vom Eigentümer Otto Heinrich Scholz, der mit einer jüdischen Frau verlobt war und aus Deutschland fliehen musste. Zunächst übernahm Luchterhand 50 Prozent der Anteile, 1941 brachte der Verlag auch die zweite Hälfte in seinen Besitz. Scholz erhob später Ansprüche auf Rückerstattung und einigte sich nach rund 20 Jahren Rechtsstreit mit Luchterhand auf eine Vergleichszahlung.

224 Seiten hat die Untersuchung - und kommt nicht zu eindeutigen Ergebnissen

Die Autoren der Studie - Siegfried Lokatis, Sophie Kräußlich und Freya Leinemann - haben die Geschehnisse sechs Jahre lang aufgearbeitet. Es sei teilweise sehr schwierig gewesen, weil viele Dokumente während des Krieges abhanden kamen und später auch systematisch Spuren vernichtet worden seien. Gab es ein eindeutiges Opfer, gab es einen eindeutigen Täter - um diese Frage kreist die 224-seitige Untersuchung. Die Antworten fallen weniger eindeutig aus. Die Autoren haben vielmehr nach eigener Auskunft die beiden Seiten gegenübergestellt, um „eine größtmögliche Objektivität“ zu erreichen. Es gebe zumindest keine Belege dafür, dass Luchterhand ein „nationalsozialistischer Musterbetrieb“ gewesen sei, sagte Kräußlich. Luchterhand-Verleger Georg Reuchlein sagte, er sei froh, dass die Geschichte zumindest teilweise erhellt worden sei. Allerdings müsse man feststellen, dass es die eine eindeutige Wahrheit nicht gebe. „Man muss sich damit abfinden, dass man die ganze Wahrheit nicht mehr herausfinden wird“, sagte Reuchlein.

Erst 2016 war eine andere Studie über Luchterhand erschienen, die die Rolle des Verlags in der DDR untersuchte und die Legende von dessen Regimetreue entkräftete (dpa/Tsp)

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