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Szene aus "Pizzeria Anarchia"

© Vincent Stefan

"Pizzeria Anarchia" an der Neuköllner Oper: Tanzen im Angesicht des Scheusals

Wenn sich Mieter und Punks verbünden: „Pizzeria Anarchia“ in der Neuköllner Oper, ein Stück über Gentrifizierung in Wien.

„Wem gehört die Stadt?“ Diese altbekannte Frage stellen die Neuköllner Oper, das italienischen Ensemble „Balletto Civile“ und die Theatertage Wien gemeinsam in ihrer Produktion „Pizzeria Anarchia“ neu. Das Stück ist inspiriert von einem realen Drama: In Wien ließ vor vier Jahren ein Immobilieninvestor sein Haus von Anarcho-Punks besetzen, um die verbliebenen Altmieter zu vertreiben und den Gründerzeitbau sanieren zu können. Der Plan ging nicht auf, Mieter und Punks verbündeten sich und gründeten die volksküchenähnliche „Pizzeria Anarchia“. Letztes Jahr setzte der Eigentümer die Räumung durch: Rund 1500 Polizisten wurden in einem grotesken Einsatz mobilisiert, um 19 Punks aus dem Gebäude zu bewegen.

Gut und Böse sind in dieser Geschichte vermeintlich schnell verteilt: Hier der Investor, der in seiner Profitgier vor keiner Perfidität zurückschreckt und am Ende auch noch triumphiert, dort die Bürger, die heroisch um ihr Recht auf Wohnraum kämpfen, den Kräften des handlangerischen Staates aber unterliegen. „Pizzeria Anarchia“ übernimmt diese Deutung weitgehend fantasielos. Der Investor tritt als maskiertes, entmenschlichtes Scheusal auf, die Hörigkeit des Staates gegenüber dem Kapital wird durch dienstbeflissene Polizisten karikiert und die Punks tanzen munter über die Bühne, schwingen Reden auf die Freiheit und philosophieren über die Zackenzahl von Kronkorken. Begleitet von ausgeruhten bis schrillen Klängen von Saxophon und E-Gitarre ist das Schauspiel durchaus unterhaltsam – aber leider auch durchweg vorhersehbar.

wieder am 17., 18., 22., 23. und 24.Oktober 2015

Johannes Metternich

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