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Kultur: Titel und Fonds

Vornehme Zurückhaltung: die Kulturpolitik der EU

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Essen – schon jetzt allerorten beworben – wird „Europäische Kulturhauptstadt“ 2010. Bei solchen Gelegenheiten mag ein breiteres Publikum erahnen, dass es eine europäische Kulturpolitik gibt – denn den begehrten Titel vergibt die EU. Ansonsten besteht der Charakter der EU-Kulturpolitik in dem Paradoxon, gar keine eigenständige Kulturpolitik sein zu wollen. Denn der wichtigste Grundsatz ist gerade der, sich aus der nationalen und regionalen Politik herauszuhalten.

Erst mit dem Vertrag von Maastricht fand die Kultur 1993 Eingang in das europäische Rechtsgewebe. Artikel 151 Abs. 1 besagt, dass die Gemeinschaft „einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes“ leistet. An diesem Punkt deckt sich die Grundausrichtung der EU mit jener der Unesco, die dies gerade erst in ihrer soeben – am 18. März – in Kraft getretenen Konvention über kulturelle Vielfalt unterstrichen hat. Im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft soll das „Leitbild der kulturellen Vielfalt“ zur Debatte gestellt werden: natürlich in Essen.

Die Verzahnung von EU und Unesco – auch der Europarat hat früher mit seinen Europaratsausstellungen eine gewisse Rolle gespielt – macht es oft schwer erkennbar, wer als Akteur auftritt. Tatsächlich ist allein die EU befugt, aktive Politik zu betreiben – in einem recht komplizierten Mechanismus, der durch Einstimmigkeit sicherstellen soll, dass das Grundziel der national-regional-ethnischen Eigenart nicht durch Mehrheitsbeschlüsse ausgehebelt werden kann. Zudem gibt es eine „Kulturverträglichkeitsklausel“, die vor allem für die Kofinanzierung aus anderweitigen EU-Fonds bedeutsam ist.

Am Ende hängt immer alles am Geld: Das Ziel, den Kulturanteil im Rahmen der siebenjährigen Finanzplanungsperiode, die 2007 neu beginnt, von bislang sieben (!) auf 70 Cent zu verzehnfachen, ist erwartungsgemäß im Gestrüpp der Brüsseler Lobbyisten hängen geblieben. Immerhin gibt die EU über den Sozial- sowie den Regionalfonds jährlich 500 Millionen Euro jährlich „mit kultureller Komponente“ aus. Gleichwohl gilt das strikt vereinbarte Subsidiaritätsprinzip in Artikel 5 des Maastrichter Vertrags: Die Gemeinschaft darf nur ergänzend tätig werden und fördert mit ihren Programmen vor allem die gesamteuropäische Identität. Wie eben mit dem Prädikat der „Europäischen Kulturhauptstadt“.

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