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Alte Freunde. Claudia Roth und Holger Klotzbach vom dem Tipi am Kanzleramt.

© Imago/Ralf Müller

Gratulationen von Claudia Roth, Wowereit und Lederer: Trüffelschweine im Kulturbetrieb

Seit drei Jahrzehnten wirken sie als Talentschmieden. Großer Bahnhof beim Jubiläumsfest von Bar jeder Vernunft und Tipi am Kanzleramt.

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Zwei Kulturstaatsministerinnen, drei Regierende Bürgermeister und ein Kultursenator. Ein ganz ordentliches Polit-Lineup hat das Jubiläumsfest zum 30-jährigen Bestehen der Bar jeder Vernunft und zum 20. Geburtstag des Tipi am Kanzleramt ebendort beehrt.

Dass das 1992 von Holger Klotzbach und Lutz Deisinger gegründete Spiegelzelt und sein Ableger die Sympathien der Politik genießen, hat sich in der Coronakrise auch in einer großzügigen Unterstützung der privat finanzierten Bühnen gezeigt.

Aufgekratztes Kulturvolk ist herbeigeströmt

Die finstere Zeit der Schließungen und halbleeren Zelte scheint am Mittwochabend wie weggeblasen. Künstler:innen, Kulturschaffende und sonstiges Volk sind in aufgekratzter Stimmung herbeigeströmt, um die Zelte hochleben zu lassen. Sie fungieren seit drei Jahrzehnten als Talenteschmieden, genauer als „großartige Trüffelschweine des Berliner Kulturbetriebs“, wie Klaus Lederer sagt.

Er beschließt den Reigen der Festreden, den Kulturstaatsministerin Claudia Roth einleitet. „Eine Dame, die ich seit mehr als vierzig Jahren kenne“, wie Impresario Holger Klotzbach zur Begrüßung anmerkt.

Das ist eine Anspielung auf selige altlinke Tage, als Klotzbach als Mitglied der Anarchokabarettgruppe Die 3 Tornados und Roth als Managerin von Ton Steine Scherben in der alternativen Kulturszene unterwegs waren. Inzwischen gehören beide längst zum kulturellen und politischen Establishment, beschwören aber gerne das subversive Feuer der Jugendtage.

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Und feurig ist die Ansprache der Ministerin, die gerade von einer Solidaritätsreise aus Odessa zurückkehrte. Roth preist den „radikalen kulturellen Gestaltungswillen von Holger“, die „gelebte Diversität“ und „grenzüberschreitende Ästhetik“ von Bar und Tipi.

Sound der lebendigen Demokratie

Und erzählt, dass sie sich beim Blick aus dem Kanzleramt „nach vorne zum Bundestag, der Herzkammer der Demokratie“ und „nach hinten zum Tipi, wo früher das Tempodrom stand“ sehr wohl fühle. Kulturorte wie diese seien kein Luxus, sondern „der Sound der lebendigen Demokratie“.

In ein ähnliches, ebenso enthusiastisches Horn stößt nach Videoglückwünschen von Künstler:innen auch Klaus Wowereit, der in seiner Amtszeit Stammgast war. Eingangs erinnert er – ganz Elder Statesman – ebenfalls an das Leid in der Ukraine und auch an das der Opfer der Amokfahrt am Breitscheidplatz.

Das wirkt sehr angemessen und gibt der Freude über den überraschend langlebigen Fortbestand der Zelte – „dieses Berliner Provisoriums“ – einen dankbar-nachdenklichen Unterton. Und dann heißt es: Bühne frei für Musik, Musik, Musik.

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