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Pfahl des Anstoßes. Die Unterzeichner der "Erklärung 2018" und weiterer Forderungen sprechen vom "Kontrollverlust" durch "schrankenlose Migration".

© picture-alliance/ dpa

Streit um Flüchtlingspolitik: Unterzeichner der „Erklärung 2018“ fordern Kommission

Die Unterzeichner der „Erklärung 2018“ erheben weitere Forderungen und wollen vor den Petitionsausschuss des Bundestags gehen. Eine irritierende Ankündigung.

Artgerechte Kaninchenhaltung, Anerkennung des E-Sports als Sport, die Rettung der deutschen Sprache oder auch das bedingungslose Grundeinkommen: Das sind und waren Anliegen von Petitionen beim Deutschen Bundestag – auf gut 11 000 beliefen sie sich allein 2016. Jeder Bürger hat das Recht, beim Bundestag Beschwerde über die Auswirkung von Gesetzen einzureichen. Der 28-köpfige Petitionsausschuss, seit kurzem unter Vorsitz des sächsischen CDU-Abgeordneten Marian Wendt, prüft dann und berät. Demnächst berät er womöglich die rechtskonservative „Erklärung 2018“ – beziehungsweise die von Vera Lengsfeld und ihren Mitstreitern hinzugefügte Forderung nach einer Wiederherstellung der Grenzkontrollen „gegen das illegale Betreten des deutschen Staatsgebietes“.

So steht es jedenfalls auf der Website zur Erklärung vom 15. März gegen die angebliche Beschädigung Deutschlands durch „illegale Masseneinwanderung“. Das Manifest – signiert unter anderem von Uwe Tellkamp, Thilo Sarrazin und Henryk M. Broder – fand in zehn Tagen 2018 Unterzeichner, Autoren, Wissenschaftler „und andere Akademiker“. Wobei ein Internetcheck schon allein der ersten Namen Zweifel an der Selbstdarstellung aufkommen lässt. Inzwischen wurde die Liste geschlossen und eine zweite eröffnet, ohne Beschränkung. Ein Klick genügt, dazu Name, Wohnort, Beruf, Mailadresse – am späten Nachmittag des 5. April waren es 83.000 Unterschriften. Bald werden es wohl 100 000 sein.

Konkret wird von der Bundesregierung die Einsetzung einer Kommission verlangt, die Vorschläge unterbreitet, wie „der durch die schrankenlose Migration eingetretene Kontrollverlust im Inneren des Landes beendet“ und gleichzeitig „wirksame Hilfe“ für tatsächlich durch Verfolgung und Krieg Bedrohte organisiert werden kann. Der Bundestag ist verpflichtet, eine Petition zu „veröffentlichen“ (und in der Regel dann auch per Anhörung zu verhandeln), die in vier Wochen mehr als 50 000 Unterschriften erhält, sobald sie beim Ausschuss eingegangen ist – es sei denn, eine Zweidrittelmehrheit des Petitionsausschusses spricht sich dagegen aus. Wie der Ausschuss verfährt, sollte die Gruppe um Lengsfeld tatsächlich vorstellig werden, dazu will er sich vorab nicht äußern. Zumal die Forderung ja unsinnige Behauptungen enthält, wie die von der „schrankenlosen Migration“. Und die „Hilfe“ für politisch Verfolgte ist längst im Asylrecht verankert.

Lengsfeld und Co. berufen sich zu Unrecht auf das Flüchtlingspolitik-Gutachten von Udo di Fabio

Die Ankündigung irritiert jedenfalls ähnlich wie Lengsfelds Berufung auf den Ex-Verfassungsrichter Udo Di Fabio, dessen kritisches Gutachten zur Grenzsicherung weit komplexer ausfällt, als die simple Konstatierung eines Verfassungsbruchs es wäre. Die Unterzeichner schlagen ihn als Mitglied besagter Kommission vor. Sie haben ihn wohl genau so wenig gefragt wie die frühere Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John, die sich ebenfalls unter den Vorgeschlagenen findet, davon nichts wusste und auch ihre Zustimmung dazu nicht gegeben hätte.

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