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US-Schriftsteller Cohen über Nahost-Politik: „Die Macht der Linken wird überbewertet“
Chaos und Dummheit regieren die Welt, glaubt Joshua Cohen – gerade bei Debatten um Israel und Gaza. Von offenen Briefen, den Verirrungen des Postkolonialismus und einem geplatzten Verlagsdeal.
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Wer nach klaren Antworten sucht, zum Nahost-Konflikt oder dazu, was jüdische Identität ist, wird sie in den Werken des Schriftstellers Joshua Cohen nicht finden. Er verhandelt die Konflikte und Widersprüche jüdischen Lebens. Seine Figuren leben meist in den USA, inmitten von Menschen, denen sie unlieb sind, die das aber nicht so offen sagen wollen; sie kämpfen um Anerkennung, darum, unter widrigen Umständen ihren Stolz zu bewahren; sie kämpfen manchmal gegeneinander.
Für seinen jüngsten Roman „The Netanyahus“ verarbeitete Cohen eine Begebenheit in der Familiengeschichte von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Dessen Vater Benzion, ultrakonservativer Zionist und Historiker, bewarb sich Anfang der 1960er Jahre um einen Job in den USA, der Literaturwissenschaftler Harald Bloom empfing die Familie bei sich. In Cohens Roman, für den er 2022 mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet wurde, stehen die beiden Wissenschaftler für zwei Extreme des jüdischen Selbstverständnisses und kollidieren auf komische Weise miteinander. Nun erscheint ein Band von Cohens Essays unter dem Titel „Aufzeichnungen aus der Höhle“.
Glaube ich, dass jüdische Geschichte ein immer wiederkehrender Albtraum ist? Dass wir in einem endlosen Kreislauf des Todes gefangen sind? Ich will das nicht glauben.
Joshua Cohen
Herr Cohen, ein Text in Ihrem neuen Essay-Band parodiert offene Briefe, wie sie zum Nahost-Konflikt zahlreich kursieren. Darunter als Unterzeichner: 18-mal der Name Joshua Cohen – und sonst kein anderer. Machen Künstler sich lächerlich, wenn sie sich zu sehr politisch engagieren?
Ich werde nicht darüber urteilen, was jemand tut oder tun zu müssen glaubt, um sein Gewissen zu reinigen.
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