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Das „Mexique” Bookcase von Charlotte Perriand (1903–1999) wird von der Galerie Jousse Entreprise angeboten.

© Galerie Jousse Entreprise / VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Verneigung vor der Kunstgeschichte: Die Messe Fine Arts La Biennale im Pariser Grand Palais

In der französischen Metropole verkaufen sich Antiquitäten nicht mehr so leicht wie früher. Die Kunsthändler denken deshalb um und probieren neue Konzepte.

Stand:

Noch nie hat man auf einer Kunstmesse derart gefroren. Während es draußen waagerecht schneit, ist im Pariser Grand Palais die mit der Renovierung gerade erst installierte Heizung defekt. Mit einer baldigen Reparatur ist dem Vernehmen nach nicht unbedingt zu rechnen.

Die Kunst- und Antiquitätenmesse Fine Arts La Biennale hat eilig größere Mengen professioneller Heizlüfter aufgestellt. In der riesigen Kuppelhalle können sie jedoch kaum etwas ausrichten. Aussteller, die ihre Besucher in Winterausrüstung am Stand empfangen, sind ein normaler Anblick, und die Garderobe nimmt kaum jemand in Anspruch.

Schiele für 1,5 Millionen Euro

Die Offerte der Kunsthändler reicht wie gewohnt über die Jahrtausende, mit einem starken Fokus auf die Kunstproduktion aus dem frankofonen Bereich der vergangenen 300 Jahre bis hin zu den luxuriösen Möbeln von Charlotte Perriand (Galerie Jousse Entreprise). Der Brüsseler Altmeisterhändler Pelgrims de Bigard bietet ein kleines Diptychon des Meisters der Katharinenlegende des späten 15. Jahrhunderts für 800.000 Euro an. Ganz einfach dürfte es selbst in Paris nicht sein, einen Käufer für das museale Werk zu finden.

Zum ersten Mal wagen sich Wienerroither & Kohlbacher aus Wien ins Grand Palais. „Wir wollten schon immer eine schöne Messe in Paris machen“, sagt Lui Wienerroither. „Und wir wissen, dass es hier Kunden für Gustav Klimt, Egon Schiele und Franz West gibt.“

Tatsächlich gibt es nur wenige Orte, an denen man berechtigte Hoffnungen hegen darf, ein Schiele-Aquarell wie „Gertrude Schiele sitzend, mit erhobenem linken Arm“ für 1,5 Millionen Euro an einen Käufer zu vermitteln. Als Verneigung an die hiesige Kunstgeschichte haben die Händler Werke von Paul Cézanne, Georges Braque und Max Ernst gehängt.

Sammler kaufen anders

Die Wiedereröffnung des Grand Palais hat Alfredo Reyes abgewartet, bevor der Münchner Porzellanhändler mit seiner Kunsthandlung erneut nach Paris gereist ist. Er glaubt, dass auch einige Sammler aus Italien oder Großbritannien anreisen, um das restaurierte Gebäude in alter Pracht zu sehen. Seine Präsentation hat er einem sich wandelnden Geschmack und Sammelverhalten angepasst. Er setzt zwar auch immer noch auf Vitrinen, die er nun aber thematisch bestückt und nicht mehr mit vollständigen Serien oder Services. Er stellt zudem vermehrt Ensembles zusammen, die einer tatsächlichen Wohnsituation nahekommen. In Paris bieten sich Rokoko-Kommoden an, wie sie in vielen besseren Haushalten stehen.

Jüngere Sammler kauften nicht mehr enzyklopädisch auf Vollständigkeit, sondern intuitiv nach Gefallen. Dem will er Rechnung tragen. Sein Lieblingsobjekt ist ein Meissener Pinselaffe von Johann Joachim Kaendler in einer Ausformung von 1735 zu 95.000 Euro. Allerdings müssten es nicht immer die Spitzenstücke sein, die Freude machen. Er berichtet von zwei Dosen mit Mops-Motiv, einem Paar Räucherpagoden und einem Walzenkrug mit Kakimondekor, die er zur Eröffnung verkauft hat.

Nach Jahren des Niedergangs der altehrwürdigen Biennale des Antiquaires geben sich die neuen Organisatoren der fusionierten Fine Art Paris und der Biennale alle Mühe, der Prestigemesse zu altem Glanz zu verhelfen. Doch die Halle will gefüllt werden. Und so mischen sich zwischen die hochkarätigen Anbieter alter Kunst einige Aussteller mit gefälliger Flachware jüngster Produktion.

Die Messe ist gleichwohl auf einem guten Weg. Wenn dann in der nächsten Ausgabe die Heizung funktioniert, wäre es durchaus eine Überlegung wert, seine Weihnachtseinkäufe in Paris zu machen.

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