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Kultur: Vom Tee-Service zur Mega-City

"Das Zeitalter der Maschinen ist zuende, jetzt beginnt das Zeitalter des Lebens" - dieser Leitsatz, 1958 von dem jungen Kisho Kurokawa formuliert, stand am Anfang seiner Architektlaufbahn und wurde zum roten Faden seiner Arbeit.Eine Architektur, die sich an der Tradition, am Menschen und seinen Bedürfnissen orientiert, sollte das "Zeitalter des Lebens" bestimmen, im Gegensatz zu den architektonischen Vorgaben in der ersten Jahrhunderthälfte, in der Vereinheitlichung und Funktionalität stilprägend waren.

"Das Zeitalter der Maschinen ist zuende, jetzt beginnt das Zeitalter des Lebens" - dieser Leitsatz, 1958 von dem jungen Kisho Kurokawa formuliert, stand am Anfang seiner Architektlaufbahn und wurde zum roten Faden seiner Arbeit.Eine Architektur, die sich an der Tradition, am Menschen und seinen Bedürfnissen orientiert, sollte das "Zeitalter des Lebens" bestimmen, im Gegensatz zu den architektonischen Vorgaben in der ersten Jahrhunderthälfte, in der Vereinheitlichung und Funktionalität stilprägend waren.Von diesem Leitgedanken inspiriert, entstand, von Kurokawa mitbegründet, 1960 die Architektengruppe der Metabolisten.Sie propagierten städtebauliche Megastrukturen, die als Gerüst für Stadt und Gesellschaft der Zukunft dienen sollten.Eines der kühnsten metabolischen Projekte war Kurokawas Frühwerk "Helix-City" - eine in riesenhaften spiralenförmigen Wohntürmen aus dem Meer aufragende Stadt.Das futuristische Stadtmodell ist zusammen mit den wichtigsten Werken aus Kurokawas mittlerweile vierzigjährigen Schaffen im Berliner Haus der Kulturen der Welt zu sehen - gemeinsam mit der vom Art Institute of Chicago initiierten Ausstellung "Japan 2000", die Architektur und Design im Japan der neunziger Jahre zum Thema hat.

Kurokawa ist Generalist, von der Türklinke bis zur Regionalplanung umfaßt sein Werk alle Dimensionen plastisch-räumlichen Schaffens.Kürzlich gewann er den Wettbewerb zum Bau der neuen kasachischen Hauptstadt Astana, die groß genug für eine Millionen Einwohner sein soll.

Eine zentrale Rolle in Kurokawas jüngerem Schaffen nimmt der Bau von Museen ein - über ein Dutzend verwirklichte er in den letzten anderthalb Jahrzehnten.In Berlin schuf er 1988 als Ergänzungsbau zur alten japanischen Botschaft das Japanisch-Deutsche-Zentrum.Seine Bauten spiegeln deutlich die Idee von der Symbiose auch des Heterogenen und Gegensätzlichen, der Kurokawa eine besondere Bedeutung für sein Werk beimißt: Er liebt es, seine Gebäude aus der Überlappung und Brechung gegensätzlicher Grundformen heraus zu entwickeln: So hat sein Erweiterungsbau für das Amsterdamer van Gogh-Museum die Form eines halbierten Eies.Die ausgesparte Hälfte des ovalen Grundrisses macht Kurokawa zum offenen Hof des in die Erde eingelassenen Untergeschosses.Die Kombination und Verschränkung weicher, organischer Formen mit rechtwinkligen Elementen bestimmt die neueren Werke Kurokawas.Seine größte Liebe aber gilt dem Kegel, er fehlt fast nie.Dabei zeigt er großes Geschick in der Kombination verschiedenartiger Baustoffe.Der hierzulande verrufeneBeton erscheint in ganz neuem Licht: Sorgfältig verarbeitet, verleiht er vielen von Kurokawas Gebäuden eine filigran und gediegen anmutende Außenhaut.

Diese Qualitäten zeichnen auch die in den letzten Jahren enstandenen Arbeiten von Kurokawas Architektenkollegen aus, die die "Japan 2000"-Ausstellung präsentiert.Wie Kurokawas Museumsbauten entstanden fast alle der Gebäude im Auftrag japanischer Städte und Distrikte.Nachdem sich mit dem Ende der japanischen "Bubble"-Economy der achziger Jahre private Investoren aus dem Bauen zurückzogen, wurde der japanische Staat zum wichtigsten Bauherrn für ambitionierte Projekte.In großer Zahl entstanden Gebäude für öffentliche Schulen, Bibliotheken und Sportstadien.

Zugleich markiert dieses Engagement wohl auch einen kulturellen Paradigmenwechsel - Japan entdeckt stärker als bisher den sozialen Stellenwert von Gemeinwesen, Freizeit und öffentlicher Kultur.Vom Teeservice bis zum Sportstadion gibt "Japan 2000" ein weit gefächertes Panorama von Architektur und Design Japans seit Ende der achziger Jahre.Das macht es möglich, Kurokawas neuere Arbeiten im Kontext ihres zeitgenössischen Schaffens wahrzunehmen.Zeigt die "Japan 2000"-Ausstellung eine lockere, überblickhafte Zusammenstellung, so bietet die Kurokawa-Ausstellung ein ambitioniertes Zusammenspiel von Inhalt und seiner Präsentation.Museumsarchitekt Kurokawa entwarf das Ausstellungskonzept höchstselbst.Man wandelt über Plexiglasscheiben, darunter ist der Boden über und über bedeckt mit Skizzen und Entwurfszeichungen, die Einblick in Kurokawas Schaffensprozeß erlauben.

Die Modelle seiner Gebäude sind bis auf wenige Ausnahmen winzig - bedeutende Museen in Hühnereigröße - dabei aber akkurat und detailreich wiedergegeben.Kurokawa möchte damit anknüpfen an die Tradition der Miniaturen in Kunst und Alltag Japans.Dem im Studieren von Mini-Musentempeln ungeübten Mitteleuropäer läßt der japanische Meister nicht allein - am Eingang werden spezielle Kurokawa-Lupen ausgeteilt.

Haus der Kulturen der Welt, bis 7.3., tgl.außer Mo.von 12-20 Uhr.Bis 9.2.: Filmprogramm.Die Kataloge in englischer Sprache kosten 98 bzw.76 DM.

FRANK PETER JÄGER

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