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Alison Krauss und Robert Plant beim Citadel Music Festival in Spandau.

© Geisler-Fotopress

Robert Plant und Alison Krauss in Berlin: Vor dem Gewittersturm

Cooles Konzert in der Zitadelle Spandau - mit alten Led-Zeppelin-Hits und anderen Überraschungen

Die Pop-Musik steckt voller wundersamer Auferstehungen. Man nennt es auch Coverversion. Hätte jemand gedacht, dass Robert Plant, der sturmgewaltige Sänger von Led Zeppelin, Teufelsbraten mit goldenen Locken, das Publikum einmal mit zweistimmigem Harmoniegesang beglückt, „nach all dem Lärm, den ich gemacht habe“?

Er gibt sich selbst überrascht, strahlt Glück und Zufriedenheit aus. „We are the new Everly Brothers“, sagt Plant mit einem feinen Lächeln in der ausverkauften Zitadelle Spandau, seiner musikalischen Partnerin Alison Krauss zugewandt. Und sie bringen eine Reihe Oldies jenes Duos, das seine Karriere in den Fünfzigerjahren begann und Simon & Garfunkel, die Beatles und viele andere inspirierte.

"Stick With Me Baby“, „Leave My Woman Alone“ – bei Plant und Krauss klingen solche Standards dann schon recht gefährlich. Das glockenhelle Organ der Bluegrass-Sängerin und die gelassene Art der früheren Hard-Rock-Gottheit täuschen nicht darüber hinweg, dass es hier ums Ganze geht.

„Esoterisch-existenzialistisch“, so beschreibt der bald 74-jährige Robert Plant die Musik, zu der relativ spät im Leben gefunden hat. Er macht die Ansagen, übernimmt die Einsätze. Alison Krauss, geboren 1971, als die Zeppeline boomten, wirkt zurückhaltend auf der Bühne; traditionelle Rollenverteilung.

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Die beiden feierten mit ihrem ersten gemeinsamen Album „Raising Sand“ (2007) einen nachhaltigen Erfolg, gewannen etliche Preise. Im Oktober 2021, vierzehn Jahre später, kam „Raise the Roof“ heraus, wiederum von T Bone Burnett produziert, der für das britisch-amerikanische Duo die klassischen Blues- und Hillbilly-Songs auswählt. Retro auf der Höhe der Zeit.

Wenn der Damm bricht

Der Sound folgt einem schleppenden Rhythmus, dunkel, mysteriös, so fühlt es sich an, wenn ein Unwetter droht und dann doch vorüberzieht. Man spürt auch bei Robert Plant eine gewisse Zurückhaltung. Er will nicht ins Zeppelin-Zeitalter zurück. 1980 löste die Band sich nach dem Tod des Schlagzeugers John Bonham auf. Ihr allerletztes Konzert spielten sie im Sommer jenen Jahres in der längst abgerissenen Eissporthalle in West-Berlin, mit „Stairway to Heaven“ und all den Hits, die bis heute etwas Sinistres haben.

Led Zeppelin schlugen eine eigene Tonart an. Wie Krauss und Plant und ihre fantastische Band: Mit ironischer Country-Fiddle bringen sie die Zeppelin-Nummer „Rock and Roll“, und bei „When the Levee Breaks“ bricht dann doch noch der Damm. Der Song entstand Ende der 1920er Jahre nach einer historischen Naturkatastrophe am Mississippi, Kansas Joe McCoy und Memphis Minnie haben den klassischen Blues geschrieben. Led Zeppelin verwandelten das Stück in eine apokalyptische Orgie. Ein schlagendes Beispiel für den entscheidenden Einfluss, den schwarze Musik auf die Rockmusik hatte, vor allem in England, von den Yardbirds, aus deren Nest der Led Zeppelins Gitarrist Jimmy Page kam, zu den Rolling Stones. In diesem Stück steckt fast die ganze Geschichte.

Die Geige hält dagegen

Und das zeigt Robert Plant. Er stellt sich dem harten Wetter, das die Band um den Gitarristen JD McPherson und Stewart Duncan entfesselt, der sämtliche Bluegrass-Instrument spielt. Mit der dieser Version kehrt „When the Levee Breaks“ in die Südstaaten zurück. Mühelos zieht Plant seine Stimme nach oben, heizt an. Selbst im infernalischen Schrei war er immer klar artikuliert. Alison Krauss hält mit der Geige dagegen, die Klageklänge gehen durch Mark und Bein mit der Kraft eines Gitarrensolos.

Die Zitadelle Spandau ist an diesem bislang heißesten Abend des Jahres ein staubiger Ort, der Wüstenwind bringt kaum Kühlung. Auf dem Programm stehen natürlich nicht nur Everly Brothers und bleierne Luftschiffe. Plant und Krauss erfreuen sich an ihren Hits. „Please Read the Letter“, „Gone, Gone, Gone“, „Go Your Way“. Geschichten von gebrochenen Herzen, vom Verlassen und Verlassenwerden.

Diese Musik ist erwachsen, voller Nuancen, sinnlich und herausfordernd, aber auch sehr ausbalanciert.

Da liegt das einzige Problem des coolen Konzerts: Man ist noch hungrig, wenn es nach anderthalb Stunden und einer Zugabe zu Ende geht. Hungrig auf mehr von den diesen wilden Gefühlen und vielstimmigen Geschichten.

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